Suedafrika per Rad - Tagebuch einer Radreise

© Christian Hartmann, Jörg Feye mail_outline 

Cape Town

Von 0 auf 1000 (Meter) - der Tafelberg

Es ist Mitte Oktober, Frühling auf der Südhalbkugel, als wir in Cape Town landen. Unser erster Eindruck ist überaus positiv. Ein schwarzer Zöllner heißt uns fröhlich und gut gelaunt willkommen. Auch der Taxifahrer versprüht gute Laune. Auf den sauberen Straßen wird langsam und vor allem rücksichtsvoll gefahren. Aus unserem Zimmer im Lions Guest House blicken wir auf den Tafelberg. Das Wahrzeichen Kapstadts ist gerade wolkenfrei, daher machen wir uns umgehend auf den Weg nach oben. So stehen wir kaum 3 Stunden nach unserer Landung auf dem Tafelberg - natürlich in T-Shirt und kurzer Hose. Vom gut 1000 m hohen Plateau haben wir einen überwältigenden Blick über die Innenstadt und die Küste. Die dicht mit Fynbos-Pflanzen bewachsene Ebene vermittelt nicht den Eindruck der Gipfel eines hohen, freistehenden Berges zu sein. Zwischen den Silberbaum-, Heidekraut- und Asterngewächsen erblicken wir Agamen. Die gut 30 cm langen, schuppigen Reptilien sind farblich gut an den grauen Sandstein angepasst - wirken wie Minidrachen. Es ist erstaunlich ruhig. Die gedämpften Geräusche der kaum 2 Kilometer entfernten Stadt können wir erst bei genauem Hinhören zuordnen. Von einem Felsen genießen wir die Aussicht auf Cape Town. Zeit auch innerlich anzukommen.

Von der Talstation der Seilbahn gehen wir zu Fuß in die Stadt. Der Feierabendverkehr quält sich auf der steilen Straße aus dem Zentrum in die Vororte an der Küste. Die schicken, einstöckigen Einfamilienhäuser sind umgeben von mannshohen Mauern, auf denen Elektrodrähte gespannt sind. Große, gut sichtbare Schilder informieren über den bewaffneten Wachdienst, der bei Bedarf zur Stelle ist. Auch die Polizei zeigt Präsenz. Sirenengeheul hören wir aber erstaunlich selten - das gilt für unsere gesamte Reise. Entlang der vierspurigen Ausfallstraße wird eine neue Wasserleitung verlegt. Es sind mindestens doppelt so viele Arbeiter beschäftigt, wie dies in Deutschland der Fall wäre. So steht beispielsweise an jedem Ende der Baustelle eine Hilfskraft, die Fahne schwenkend den Verkehr warnt. Dies ist möglich, da Schwarze im Durchschnitt nur ein Viertel der Weißen verdienen - die Rede ist von 250€ im Monat.

Agame auf dem Tafelberg  Agame auf dem Tafelberg
Fynbos auf dem Tafelbarg  Fynbos auf dem Tafelbarg
Agame auf dem Tafelberg  Agame auf dem Tafelberg
Blick vom Tafelberg auf Kapstadt Blick vom Tafelberg auf Kapstadt

Cape Town

Im Land von Nelson Mandela

Das heutige Südafrika ist ohne Nelson Mandela nicht vorstellbar. Der Friedensnobel­preisträger war 18 Jahre auf Robben Island, einer kleinen Insel rund 14 Kilometer nördlich von Kapstadt, inhaftiert. Dort war das Apartheids-Regime darauf aus, die politischen Gefangenen zu demütigen. Die Insassen wurden zu körperlich schwerer Arbeit im Steinbruch gezwungen. Die Post wurde gelesen und zensiert. Unerwünschte Sätze wurden einfach herausgeschnitten und so mancher Brief in einen Schweizer Käse verwandelt. Die 4 Quadratmeter großen Einzelzellen konnten abgehört werden. Bastmatten und eine dünne Decke mussten lange als Nachtlager reichen. Unerwünschtes Verhalten wurde mit Isolationshaft geahndet. Besuch konnten die Häftlinge nur alle 6 Monate für 30 Minuten empfangen. Auch dort wurde - selbstverständlich - jedes Wort mitgehört. Selbst die magere Verpflegung hatte System. Um so erstaunlicher, dass Mandela und seine Mitstreiter sich gegenseitig und selbst ihre Wärter unterrichteten. Manch Analphabet hat die Insel als gebildeter Mann verlassen. Unser Führer, selber ein ehemaliger Häftling, zeigt keinen erkennbaren Groll, fragt warum wir so ernst dreinschauen und verabschiedet uns mit den Worten "ihr könnt jetzt denn kurzen Weg in die Freiheit nehmen". Paradoxerweise werden sich die wenigsten Schwarzen die 21€ Eintritt leisten können.

Die Waterfront, an der unser Boot anlegt, ist Kapstadts Einkaufs- und Vergnügungsviertel am Meer. Zwischen Läden mit allem erdenklichen Kunsthandwerk und Andenken unterhält ein Pantomime die Besucher. Auf einem kleinen Platz spielt eine Blaskapelle. Im Hafen liegt die 126-m-Yacht des Microsoft-Mitbegründers Paul Allen.

Mit dem Bus fahren wir ins Viertel Bo-Kaap. Die MyCiti Busse werden mit einer Karte bezahlt, die zuvor mit einem Guthaben aufgeladen wurde. Beim Ein- und Aussteigen hält man die Karte vor einen Scanner, der den Fahrpreis automatisch abbucht. Zu dem durchdachten System gehören auch Transitzonen und extra Busspuren. Sehr interessant - auch wenn wir zu Fuß wahrscheinlich schneller gewesen wären. Das alte, muslimische Wohnviertel Bo-Kaap ist bekannt für seine bunt bemalten Häuser. Die engen Gassen unterhalb des Signal Hills sind darüber hinaus auch ganz schön steil. Die Company's Gardens sind nur wenige Gehminuten entfernt. Die Grünanlage zwischen Naturkunde-Museum und Regierungssitz ist Heimat vieler südafrikanischer Pflanzen. Die Eichhörnchen sind sehr zutraulich und fressen uns aus der Hand.

Bunte Häuser im Viertel Bo-Kaap  Bunte Häuser im Viertel Bo-Kaap
Bunte Häuser im Viertel Bo-Kaap  Bunte Häuser im Viertel Bo-Kaap
Zutrauliches Eichhörnchen in den Company Gardens  Zutrauliches Eichhörnchen in den Company Gardens
Feuerrad-Protea in den Company's Gardens Feuerrad-Protea in den Company's Gardens

Cape Town - Kommetjie, 56 km, 535 hm

Sportlicher Auftakt

Als wir am Sonntagmorgen den Berg hinab zur Waterfront radeln sind Kapstadts Straßen noch fast leer. Aber die Stadt schläft nicht, sie läuft. Vom WM-Stadion in Green Point nach Clifton und wieder zurück - Halbmarathon. Tausende Teilnehmer des Gun-Run bevölkern die Straßen rund ums Stadion. Die meisten Läufer sind bereits im Ziel, die Laufstrecke ist aber noch immer für PKW gesperrt. So können wir, ganz unverhofft, auf gesperrten Straßen die Atlantikküste entlang nach Clifton radeln. Und wir sind bei weitem nicht die einzigen Radfahrer. Die Strecke zum Südende des Chapman's Peak Drive (und zurück) ist augenscheinlich bei Rennradfahrern äußerst beliebt. Alle paar Minuten sehen wir eine Gruppe, einige sind richtig fix unterwegs. Die Autofahrer sind offensichtlich an Radfahrer gewöhnt und nehmen viel Rücksicht. So fährt es sich auch südlich von Clifton, trotz regem Verkehr, ganz entspannt.

Der erste landschaftliche Leckerbissen sind die Zwölf Apostel, eine Bergkette, die südlich an den Tafelberg anschließt. Die bis zu 860 m hohen Gipfel dieser Berge sind Luftlinie keine 2 Kilometer von der Atlantikküste entfernt. Eine grau-grüne Wand, an deren Fuß sich die weißen Wohnblöcke des wohlhabenden Vororts Camps Bay drängen.

Südlich des netten Ortes Hout Bay beginnt der schönste Teil der heutigen Strecke. Der Chapman's Peak Drive schlängelt sich spektakulär die Steilküste entlang. Die Straße ist regelrecht in die Flanke des Berges gebaut. Nicht nur eine große Ingenieursleistung, sondern auch außerordentlich schön. Angefangen bei den Ausblicken auf Hout Bay, über die Straße selbst, bis hin zum Blick über den langen, weißen Sandstrand von Noordhoek Beach. Schade, daß dieser Abschnitt nur 9 Kilometer kurz ist.

Am Ortseingang von Noordhoek steht auf einem offenen Autoanhänger eine Espressomaschine. Sie gehört einer jungen Frau deren kleinen Kinder neben dem Anhänger spielen. Den Strom liefern Solarzellen. Auch wenn es nicht mehr weit ist bis zum Zeltplatz, diese Kaffeepause muss einfach sein.

Nach wenigen unspektakulären Kilometern durchs Landesinne erreichen wir das Dorf Kommetjie. Vom Campingplatz ist es nur ein kurzer Spaziergang zum Strand. Dort bietet sich uns ein toller Blick auf den Chapman's Peak Drive, die Hout Bay und die Zwölf Apostel. Der sich anschließende Noordhoek Beach ist bei Reitern und Surfern beliebt. Die Reet gedeckten Häuser direkt am Strand gehören sicher zu den besseren Adressen.

Die Bergkette Zwölf Apostel und Kapstadts Vorort Camps Bay  Die Bergkette Zwölf Apostel und Kapstadts Vorort Camps Bay
Die Bucht von Hout Bay  Die Bucht von Hout Bay
Chapman's Peak Drive  Chapman's Peak Drive
Noordhoek Beach, Blick vom Chapman's Peak Drive Noordhoek Beach, Blick vom Chapman's Peak Drive
Straßencafé mal anders  Straßencafé mal anders
Reet gedeckte Häuser am Strand von Kommetjie  Reet gedeckte Häuser am Strand von Kommetjie
Blick auf Hout Bay und die Zwölf Apostel  Blick auf Hout Bay und die Zwölf Apostel

Kommetjie - Simons Town, 63 km, 845 hm

Die Frackträger vom Fels-Strand

Der kleine Laden von Kommetjie ist der Mittelpunkt des Dorfes. Das Café nebenan hat montags geschlossen - "Gone Fishing" steht auf dem Schild am Eingang. Dies ist beispielhaft für die Entspanntheit der Bewohner des ruhigen Ortes. Auf dem Holzsteg, der beim schlanken, weißen Leuchtturm durch die Dünen führt, treiben etliche Jogger Frühsport.

Die Straße nach Scarborough verläuft landschaftlich reizvoll oberhalb der Küste. Die Fynbos-Vegetation wirkt auf den ersten Blick karg, weist bei genauerer Betrachtung aber eine enorme Artenvielfalt auf. Viele der Büsche, Blumen und Farne blühen gerade. Weiße, gelbe und rote Blüten leuchten im niedrigen, grünen Pflanzenteppich. Die Misty Cliffs haben ihren Namen vom feinen Nebel, den die Gischt der hohen Brandung hier erzeugt. Dieser Abschnitt gefällt uns besonders gut.

Die Straße verlässt der Küste. Die Landschaft wird karger und felsiger, bleibt aber grün. Ein Großteil der Kap-Halbinsel steht, im Rahmen des Table-Mountain National Parks, unter Naturschutz. Daher kann sich die Fynbos-Vegetation in weiten Teilen frei entfalten. Für den Besuch des Kaps der guten Hoffnung werden stolze 130 Rand Eintritt pro Nase fällig - gut 8,60€. Vom Eingang sind es 13 wellige Kilometer bis zum Cape Point. Wie schon den ganzen Tag, bläst uns auch hier ein kräftiger Wind entgegen. Der 1860, auf dem Da Gama Paek, errichtete Leuchtturm und die ihn umgebenden Aussichtspunkte sind gut besucht. Die windumtosten Klippen ragen 249 m nahezu senkrecht aus dem Meer auf. In Felsnischen nisten Kormorane, die zahlreich und elegant die berühmte Landmarke umschwärmen. 1488 umsegelte erstmal ein Europäer1) das Kap, das vielen Schiffen zum Verhängnis wurde. [1: der Portugiese Bartolomeu Dias]

Mit Rückenwind geht es über die reizvolle Küstenstraße nach Simons Town. Der nette Ort ist Heimat seltener Brillenpinguine. Die Dünen des Boulders Beach sind durch Holzstege erschlossen. Rund 3000 gefiederte Frackträger sollen hier leben. Sie nisten im Sand, unter den zahlreichen niedrigen Büschen und auf Felsen. Uns kommen die Dünen wie eine Pinguin-Kleinstadt vor, in der jeder verfügbare Platz genutzt wird. Ein faszinierender Ort! Die liebenswerten Seevögel scheinen sich an die vielen Besucher gewöhnt zu haben und sich nicht weiter an uns zu stören. Sie gehen Fischen, putzen ihr Gefieder oder pflegen soziale Kontakte.

Leuchtturm von Kommetjie  Leuchtturm von Kommetjie
Brandungsnebel an den Misty Cliffs  Brandungsnebel an den Misty Cliffs
Windumtoste Klippen des Cape Point  Windumtoste Klippen des Cape Point
Blick aufs Kap der guten Hoffnung  Blick aufs Kap der guten Hoffnung
Fynbos und alter Leuchtturm am Cape Point  Fynbos und alter Leuchtturm am Cape Point
Neuer Leuchtturm am Cape Point  Neuer Leuchtturm am Cape Point
Brillenpinguine am Boulders Beach in Simons Town Brillenpinguine am Boulders Beach in Simons Town
Brillenpinguine am Boulders Beach in Simons Town  Brillenpinguine am Boulders Beach in Simons Town

Simons Town - Kogel Bay, 86 km, 810 hm

Lichtblick zur rechten Zeit

Die ganze Nacht zerrt ein kräftiger Wind am Zelt, der auch tagsüber kaum nachlässt. Nichts Ungewöhnliches für diese Gegend. Die Bäume auf dem Golfplatz sind streng nach Westen gebürstet. Dünne, hohe Wolken sperren zudem den ganzen Tag die Sonne aus.

An der Küstenstraße reihen sich in dichter Folge die Vororte Kapstadts aneinander. Der rege Verkehr erfordert viel Aufmerksamkeit, nur selten können wir einen Blick auf die schöne False Bay erhaschen. Östlich von Muizenberg ändert sich das Bild. Die verkehrsreiche Straße führt dicht am Meer entlang durch ausgedehnte Sanddünen. Bei Strandfontein können wir einige Kilometer auf einem kaum befahrenen Nebenweg die Landschaft genießen. Auf der Hauptstraße ist nun auch deutlich weniger los, vermutlich sind viele Fahrzeuge in das nahe Township Mitchells Plain abgebogen.

Auch die Straße wendet sich bald landeinwärts und wir passieren das schwarze Township Khayelitsha. Ein Meer aus eng beieinander stehenden Wellblechhütten füllt eine weite Ebene. In regelmäßigen Abständen ragen hohe Flutlichtmlasten zwischen den einfachen, kleinen Hütten empor. Erst bei genauerer Betrachtung fallen uns auch die niedrigen Holzmasten auf, die jeden Haushalt mit Strom und Telefon versorgen. Ein einfaches Schild weist den Weg zu einem Obst- und Gemüseladen. Eine andere Hütte scheint ein Café zu sein. Grünflächen oder Bäume fehlen hingegen völlig. Und dann fällt uns auf, wie sauber und aufgeräumt alles ist. Uns wird bewusst, daß die Menschen, die hier Leben als Kassiererin im Supermarkt, als Kellner im Café, Bauarbeiter und so weiter arbeiten. Und plötzlich überrascht es uns nicht mehr, wie ordentlich und gepflegt alle ausschauen. In unmittelbarer Nähe passieren wir ein große Kläranlage, dann das Township Macassar. Kleine Steinhäuser, Grünflächen und asphaltierte Straßen. Hier leben Farbige, also überwiegend Menschen mit indischen und asiatischen Wurzeln, deren Vorfahren meist als Sklaven nach Südafrika kamen.

Rund um Somerset West ziehen Betriebe und Einkaufszentren viel Verkehr an. Das Meer sehen wir erst im Seebad Strand wieder. An der langen Strandpromenade reihen sich Hochhäuser aneinander. Die Cafés verlangen saftige Preise. Ein teures Pflaster! Gordons Bay schließt sich nahtlos an. Hier gibt es einen Campingplatz der Stadt Kapstadt. In einer recht bürokratischen Prozedur buchen und bezahlen wir den Campingplatz in Kogel Bay1). Erst auf dem Clarence Drive, einer attraktiven Panoramastraße entlang der False Bay, lassen wir den Verkehr endgültig hinter uns. Die schönen Aussichten, auf die wir uns gefreut haben, kommen wegen des trüben Wetters leider nicht zur Geltung. Der große Campingplatz liegt einsam am Fuße des 1269 m hohen Kogelberges direkt am Strand. Die Lage ist perfekt, leider sind viele Duschen in einem beklagenswerten Zustand. Kurz vor Sonnenuntergang klart es doch noch auf und die ganze Schönheit der Bucht kommt ans ans Licht. Einfach nur klasse! Dafür hätten wir auch ganz auf Duschen verzichtet. [1: sprich: Kochel Bay]

Campingplatz in Kogel Bay Campingplatz in Kogel Bay
Campingplatz in Kogel Bay  Campingplatz in Kogel Bay
Campingplatz in Kogel Bay  Campingplatz in Kogel Bay
Campingplatz in Kogel Bay  Campingplatz in Kogel Bay

Kogel Bay - Hermanus, 72 km, 545 hm

Keine Wale :-(

Der Wind hat auch diese Nacht kräftig geblasen. Heute Morgen fällt er regelrecht von den Bergen hinunter, variiert dabei unvorhersehbar in Stärke und Richtung. Dies erschwert uns das Leben auf der attraktiven Küstenstraße sehr. Vor allem plötzlicher, starker Seitenwind stellt eine Gefahr dar. Zumindest scheint wieder die Sonne, sodass wir die schönen Ausblicke genießen können. Trotz gemessener 20°C ist auch heute die Windweste unser liebstes Kleidungsstück.

Die Pinguin-Kolonie in Betty's Bay lassen wir uns natürlich nicht entgehen. Von den Holzstegen am Stony Point betrachtet nur eine handvoll Besucher die gefährdeten Brillenpinguine. Wikipedia1) berichtet von nur noch 20.000 Brutpaaren in freier Wildbahn. Da ist es doppelt schön Küken zu sehen, die wie kleine graue Pelzknäule aussehen. Die spärliche, niedrige Vegetation an diesem steinigen Küstenabschnitt bietet kaum Schutz vor dem pfeifenden Wind. Wohl auch deshalb kuscheln sich die Jungtiere dicht an ihre Mutter. [1: Stand Dezember 2016]

Bis Kleinmond verläuft die Straße in Sichtweite zum Meer zwischen den Siedlungen an der Küste und den Bergen im Landesinneren. Östlich davon formt das Mündungsdelta des Bot River die gleichnamige Lagune, die als Rooisand Nature Reserve unter Schutz steht. Zwischen Weiden und Naturschutzgebiet radeln wir rund 10 Kilometer landeinwärts. Auf dem Weg zurück an die Küste und nach Hermanus gesellt sich zum starken Gegenwind zunehmend starker Verkehr.

Die Kleinstadt Hermanus liegt am nordwestlichen Ende der Walker Bay. Von Anfang August bis Ende Oktober tummeln sich Südkaper, auch südliche Glattwale genannt, in der geschützten Bucht. Die Weibchen bringen hier ihre Jungen zur Welt und säugen diese, bis sie kräftig genug für den Weg in die Antarktis sind. Die Walker Bay ist daher einer der besten Orte der Welt, um Wale zu beobachten - und zwar von Land aus. Bisweilen schwimmen die Meeressäuger bis ins Hafenbecken. Der Cliff Path, der vom neuen Hafen bis Grotto Beach (rund 11 Kilometer) immer dicht an der Küste entlang führt, ist gespickt mit Aussichtspunkten. Aber im aufgepeitschten Meer können wir keinen Wal ausmachen. Kein Blas, keine Fluke, kein blauschwarzer Körper - nur Wellen die in dichter Folge gegen die Steilküste anrennen. Auch das Horn des Walausrufers ertönt nicht. Nach fast 3 Stunden geben wir auf. Im Hostel kommen wir mit Reisenden ins Gespräch, die extra mit dem Schiff in die Walker Bay hinaus gefahren sind, die imposanten Meeressäuger trotzdem nur aus großer Entfernung sahen. Echt schade! Auf die Wale hatten wir uns sehr gefreut.

Wind auf der Küstenstraße  Wind auf der Küstenstraße
Brillenpinguine am Stony Point in Betty's Bay  Brillenpinguine am Stony Point in Betty's Bay
Brillenpinguine am Stony Point in Betty's Bay Brillenpinguine am Stony Point in Betty's Bay
Klippschliefer (dassie) in Hermanus  Klippschliefer (dassie) in Hermanus
Brandung in Hermanus  Brandung in Hermanus

Hermanus - Villersdorp, 87 km, 1625 hm

Himmel auf Erden und Getreidefelder

Auch heute Morgen bekommen wir keine Wale zu Gesicht. Wenigstens hat der Wind endlich nachgelassen und schon des Morgens ist es mit 26°C angenehm warm. Wir verlassen die Küste um die kommende Woche der Sonne entgegen zu radeln - also nach Norden.

Auf einer 10% steilen, schmalen Nebenstraße erklimmen wir den Fernkloof, eine Hermanus um rund 250 m überragende Hügelkette. Oben lockt eine schöne Aussicht über die Stadt und die Walker Bay. Wenige hundert Meter später blockiert ein verschlossenes, schwarzes Eisentor den nunmehr sandigen Weg. Es grenzt die Hamilton-Russell Vinelands vom Fernkloof Nature Reserve ab. Mit den Rädern können - und dürfen - wir es umfahren und über das durchaus gediegene Weingut den Berg hinab ins Emel-en-Aarde Valley radeln. Die aus Holland stammenden Weinbauern haben das Tal, in aller Bescheidenheit, Himmel auf Erden genannt. In geschützter Lage zwischen zwei Hügelketten reihen sich Weingüter mit französisch, englisch und holländisch klingenden Namen aneinander. Dutzende schwarze Arbeiter pflegen die Reben, in aufwändiger Handarbeit. Gelegentlich mogelt sich ein Lavendelfeld oder eine Schafweide zwischen die Weingärten. Eine ruhige Straße schlängelt sich durchs Tal, erklimmt kleine Hügel um sich gleich ins nächste Tal zu stürzen.

Nach und nach lösen erst Schaf- und Kuhweiden, später Getreidefelder die Weinberge ab. Letzte erstrecken sich nördlich des, gerade mal 350 m hohen, Shaws Passes soweit das Auge reicht. Im Westen überragen, weithin sichtbar, zwei moderne, weiße Windräder das Meer aus gelben Getreidestängeln. In Caledon stechen als erstes die hohen, grauen Silos der Maischefabrik ins Auge. Der Landmaschinenhändler am Ortseingang hat auch Mähdrescher aus Ostwestfalen im Angebot. So wirkt die Kleinstadt wie ein zu groß geratenes Dorf. Rund um den SPAR Supermarkt bevölkern viele, vor allem schwarze Menschen den Gehweg und die kleine Grünanlage. Die Meisten scheinen viel Zeit und wenig Geld zu haben, aber niemand bittet uns um Geld.

Zu beiden Seiten der N2 breiten sich Getreidefelder aus. Große, moderne Mähdrescher haben damit begonnen die Ernte einzubringen. Die Nationalstraße 2 zählt zu den Wichtigsten des Landes. Ein breiter Seitenstreifen und die moderate Geschwindigkeit der Autos lassen selbst hier keinen Stress aufkommen. Es sind die vielen kleinen und großen Anstiege, die uns langsam zu schaffen machen. Auch die kleine Schotterstraße, auf die wir bald abbiegen, klettert (wieder) einen Berg hinauf.

Unsere letzte Abfahrt führt hinab zum Theewater See. Nördlich und westlich der Talsperre ragen 1500 m hohe Berge auf. An seinen Ufern bestimmen Obstplantagen das Bild. Der Pegel des Stausees ist ganz schön niedrig. So niedrig, dass der Campingplatz des Theewater Sports Club um seine Zukunft bangt. Schon im Dezember könnte der Wasserstand zu niedrig zum Segeln sein, fürchtet der Mann an der Rezeption.

Blick über Hermanus und die Walker Bay Blick über Hermanus und die Walker Bay