Aserbaidschan und Georgien per Rad - Tagebuch einer Radreise

© Christian Hartmann, Jörg Feye mail_outline 

Zaqatala - Qwareli, 86 km, 675 hm

Und dann war es grün.

In der Nacht versucht sich die Atmosphäre an einem Gewitter. Der Himmel leuchtet ein paar Mal, in einiger Entfernung donnert es. Es prasseln sogar ein paar Regentropfen aufs Zelt. Das war's aber auch schon. Auch heute Morgen tröpfelt es ein wenig. Die Straße ist leicht feucht. Obwohl wir eigentlich keine Freunde von Regen sind, nehmen wir diesen als willkommene Abkühlung wahr.

Uns fällt auf, dass trotz der Nähe zu Georgien fast keine georgischen Fahrzeuge auf den Straßen unterwegs sind. Stattdessen nehmen wir zunehmend LKW mit türkischen Kennzeichen war. Wir erinnern uns an die Aussage der Lehrerinnen, dass sich die Aserbaidschaner der türkischen Kultur eng verbunden fühlen. In der Kleinstadt Balakәn schaffen wir es abermals nicht unseren Tee selber zu bezahlen. Ein wirklich liebenswertes Volk! Landschaftlich haben wir schon spannendere Länder bereist als Aserbaidschan. Die offenen und freundlichen Menschen machen es dennoch zu einem lohnenden Reiseziel. Um mehr über die Kultur zu lernen, sind allerdings brauchbare Russischkenntnisse unerlässlich, unser "Russisch for runaways" reichte dazu nicht aus.

Der Grenzübertritt nach Georgien dauert eine gute Stunde. Es sind die Aserbaidschanischen Polizisten, die uns erst vor dem Tor und dann vor der Passkontrolle warten lassen. Personalmangel scheidet als Ursache definitiv aus. Wir haben eher den Eindruck, dass ein reger Grenzverkehr nicht gewünscht ist.

Lagodechi ist eine lebendige Kleinstadt. Die kleinen Läden und Bäckereien unterscheiden sich wenig von denen östlich der Grenze. Doch etwas fehlt: die Teehäuser und kleinen Restaurants. Wie schnell man sich doch an angenehme Dinge gewöhnt. Auch sind die Georgier zurückhaltender. Wir werden deutlich seltener aktiv angesprochen.

Auf einer ruhigen Nebenstraße erklimmen wir einen kleinen Hügel. Vor uns breitet sich ein grünes Meer aus. Ein langgestrecktes Dorf umgeben von Wald, Weisen und Weingärten. Im Hintergrund die bewaldeten Hänge des Großen Kaukasus. Dieser erste Eindruck soll uns nicht täuschen. Georgien ist außerordentlich grün und fruchtbar. Die Region Kachetien ist bekannt für ihren Wein. Zu beiden Seiten der Straße breiten sich ausgedehnte Weinfelder im weiten Tal aus. Am Straßenrand wachsen viele Beeren (u.a. Himbeeren und Hagebutten) und Obstbäume (u.a. Mirabellen und Äpfel). Blühende Gräser und Blumen ziehen Insekten und Vögel an. Überall zirpen Grillen. Anders als in Aserbaidschan führen die Flüsse und Bäche in Georgien reichlich Wasser. Bei Temperaturen von Mitte 30 °C wird es des Nachmittags recht schwül. Uns kommt Pablo entgegen. Er ist vor vier Monaten in Spanien losgeradelt und auf dem Weg nach Asien.

In der Kleinstadt Qwareli mieten wir uns für 50 Lari (rund 17 €) in einem netten Guest House ein. Den Innenhof bedecken Wein und Kiwis, im großzügigen Garten hängt ein Pflaumenbaum voller reifer Früchte. Auch die Versorgung mit allerlei Gemüse sowie mit Eiern ist gesichert. Das Rathaus hat die Form einer Blüte. Georgien hat seit 2004 seine Verwaltung radikal modernisiert. Die neuen Rathäuser sollen die Transparenz sichtbar widerspiegeln. Die Architektur greift Themen der Region auf. Die Public Service Hall, so heißen die Rathäuser hier, sticht in jedem Fall aus allen anderen Gebäuden heraus. Auf dem Platz zwischen Rathaus und Festung balgen sich einige Straßenhunde. Davon gibt es viele in Georgien. In der historischen Festung befindet sich, zu unserer Verwunderung, der Fußballplatz. An Kühe am Straßenrand haben wir uns längst gewöhnt. In Qwareli begegnen wir ihnen auf einer Wiese vor einer Kirche.

"Willkommen in Balakәn" steht auf dem Tor.  title=""Willkommen in Balakәn" steht auf dem Tor.
Georgien ist überaus grün.  Georgien ist überaus grün.
Anders als in Aserbaidschan führen die Flüssen und Bäche in Georgien reichlich Wasser.  Anders als in Aserbaidschan führen die Flüssen und Bäche in Georgien reichlich Wasser.
Kirche in Kvareli.  Kirche in Kvareli.
Kühe "mähen" den Rasen in Kvareli.  Kühe "mähen" den Rasen in Kvareli.
Rathaus in Kvareli.  Rathaus in Kvareli.

Qwareli - Zemo Alvani, 77 km, 740 hm

Von Klöstern und gutem Essen

Das Kloster Nekressi liegt auf einem bewaldeten Ausläufer des Großen Kaukasus. Zu Fuß erklimmen wir den Weg, der auf 1,5 Kilometern 220 m ansteigt. Da es schon früh sehr warm wird, eine durchaus schweißtreibende Angelegenheit. Uns begleiten drei Straßenhunde, die sich immer wieder balgen. Von Oben schweift unser Blick über das weite, fruchtbare Alazani Tal. Die Ursprünge des Klosters reichen ins 4. Jahrhundert zurück. Das Ensemble aus Natursteinen ist überschaubar. Die Gebäude schlicht, ohne Verzierungen. In einem Raum sind zahlreiche "Löcher" in den Boden eingelassen. Es sind die Öffnungen riesiger Tonkrüge. In diesen "Quevri" genannten Gefäßen wurden hunderte Liter Wein gekeltert. In der Vergangenheit waren die Mönche anscheinend den weltlichen Genüssen nicht abgeneigt. Die Heutigen tragen lange, schwarze Gewänder und scheinen den Kontakt mit den wenigen Besuchern bewusst zu meiden.

Wenige Kilometer westlich fallen schon von weitem die blauen Dachziegel der Kathedrale Gremi auf. Die Kirche ist auch eine Festung. Sie wurde im 16. Jahrhundert aus roten Ziegelsteinen erbaut und thront auf einem Hügel oberhalb der Straße. Auf dem Parkplatz am Fuße der Sehenswürdigkeit bieten fünf alte Frauen Obst, selbst gemachte Süßigkeiten und Andenken an. Für die Besichtigung des sehr überschaubaren Museums und das Besteigen des Turmes werden 3 Lari fällig. Vor den Klostermauern gedeihen Granatäpfel. Am Straßenrand wachsen Haselnüsse.

Am Nachmittag wird es wieder richtig heiß - und schwül. Auf dem Weg nach Telawi überqueren den Fluss Alazani. Sein Wasser dürfte erheblich zur Fruchtbarkeit des Tales beitragen, in dem die meisten Felder bewässert werden. Die Hauptstadt der Region Kachetien ist sehenswert. Im Zentrum sind viele alte Häuser toll restauriert. Die große Festung dominiert einen ganzen Straßenblock.

Das Kloster Ikalto liegt in einem ruhigen, grünen Tal nahe Telawi. Erhalten ist nur die schöne Kirche aus dem 8. Jahrhundert. Den schlichen Bau aus hellen Bruchsteinen krönt ein verzierter Turm über dem Zentrum. Im 6. Jahrhundert gegründet, gehörte die Akademie lange zu den bedeutendsten Lehranstalten Georgiens. Von den Speise- und Lehrsälen, der Weinkelterei und den Werkstätten sind nur Ruinen übergeblieben. Ein Mönch erläutert sie uns geduldig in Englisch. Erneut gewinnen wir den Eindruck, dass die Weinherstellung einen hohen Stellenwert für die Mönche hatte. Die vielen Tonkrüge rund um die Kreuzkuppelkirche sind allerdings Gastgeschenke der Besucher. Abermals sind wir erstaunt, wie überschaubar das Kloster ist.

Rund um Telawi ist auf den Straße durchaus was los. Die Nebenstraße zum großen Kloster Alawerdi ist aber wieder sehr ruhig. Weiterhin dominieren große Weinfelder das Bild. Der Große Kaukasus wirkt von hier schon recht beeindruckend. Umgeben von Wein- und Maisfeldern und von einer wehrhaften Mauer umschlossen erbebt sich die große Kirche von Alawerdi über die Ebene. Große Parkplätze zeugen von der Beliebtheit des Klosters. Auch die drittgrößte Kirche Georgiens wurde schon im 4. Jahrhundert gegründet. Um ehrlich zu sein, uns haben Nekressi und Ikalto besser gefallen.

Im Fluss Alazani baden Kinder. Große Schweine suhlen sich unweit des Ufers. Wir mieten uns wieder in einem Guest House an. Und heute lassen wir uns bekochen. Wir werden nicht enttäuscht. Es ist reichlich und sehr lecker. Auf den Tisch kommt, was der Garten hergibt. Gemüsesuppe; Auberginen mit Knoblauch; Bratkartoffeln; Salat mit Gurken, Tomaten, Zwiebeln und vielen Kräutern; Brot und Käse; Wein und natürlich Wassermelone.

Quevri in Kloster Nekressi.  Quevri in Kloster Nekressi.
Die Ursprünge des Klosters Nekresi reichen bis in Jahr 400 zurück.  Die Ursprünge des Klosters Nekresi reichen bis in Jahr 400 zurück.
Das Kloster Nekresi liegt auf einem Berg oberhalb des fruchtbaren Alazani Tals.   Das Kloster Nekresi liegt auf einem Berg oberhalb des fruchtbaren Alazani Tals.
Die Türme der Festung in Gremi sind mit blauen Kacheln gedeckt.  Die Türme der Festung in Gremi sind mit blauen Kacheln gedeckt.
Gremi war eine Festung - die 1622 von den Persern erobert wurde.  Gremi war eine Festung - die 1622 von den Persern erobert wurde.
Türme des Klosters Ikalto.  Türme des Klosters Ikalto.
Das Kloster Ikalto gehörte lange zu den bedeutendsten Lehranstalten Georgiens.  Das Kloster Ikalto gehörte lange zu den bedeutendsten Lehranstalten Georgiens.
Kloster Ikalto.  Kloster Ikalto.
Das Kloster Alawerdi ist erheblich größer als Ikalto oder Nekresi.  Das Kloster Alawerdi ist erheblich größer als Ikalto oder Nekresi.
Bewohner von Kvemo Alvani baden in Fluss Alazan.  Bewohner von Kvemo Alvani baden in Fluss Alazan.

Zemo Alvani - Chinti, 84 km, 1430 hm

Was für einen Enttäuschung!

Auf einer geschotterten Nebenstraße geht es erstmals in die Berge. Die Steigung ist moderat und gut fahrbar. Der Pass mit 1100 m nicht sonderlich hoch. Wiesen, Laub- und Nadelwälder wechseln sich ab. Alle paar Minuten überholt uns ein Auto, erstaunlich häufig eine Marschrutka. Diese Linientaxis bilden das Rückgrat des öffentlichen Personenverkehrs in vielen ehemaligen Sowjetrepubliken. Die Kleinbusse, meist Mercedes Sprinter oder Ford Transit, verkehren auf festen Routen. Das deutsche Wort Marschrute lässt grüßen. Marschrutkas werden privat betrieben, einen festen Fahrplan gibt es nicht, sobald das Auto voll ist geht es los. Gehalten wird an jeder beliebigen Stelle am Straßenrand, an der ein Gast Zu- oder Aussteigen möchte. In Städten gibt es große Busbahnhöfe, an denen dutzende Marschrutkas auf Kunden warten. Aber auch abgelegene Orte, sofern sie an einer befestigten Straße liegen, werden von Marschrutka angesteuert.

Ein halbes Dutzend Wasserbüffel liegen in einem großen Schlammloch unweit des Weges. Die Tiere haben einen schönen Ausblick in ein tiefes, schmales Flusstal. Auf der anderen Seite des Passes, liegt ein großes Schwein im Graben neben der Straße. Erst schaut nur die Schnauze aus dem Wasser. Erst als wir anhalten setzt sich die Sau hin. Georgiens Landwirtschaft ist nicht nur sehr weit von der Industrialisierung entfernt, die wir in Europa haben, sie ist in vielen Fällen noch auf die Selbstversorgung ausgerichtet.

In der Kleinstadt Tianeti ist das futuristische Rathaus das auffälligste Bauwerk. Auf einer ruhigen Asphaltstraße geht es weiter durch die Berge. Im Dorf Zaridzeebi erregt ein Fest unsere Aufmerksamkeit. Auf dem Platz vor der Kirche steht eine kleine Bühne, auf der Tanzgruppen auftreten. Grund der Feier ist die Einweihung eines Denkmals. Geehrt wird ein Kampfpilot aus dem 2. Weltkrieg. Der Oberbefehlshaber der Georgischen Luftstreitkräfte ist angereist um die Skulptur zu enthüllen. Vor der Ankunft des Prominenten sperrt die Polizei die Straße. Nachdem sich die größte Aufregung gelegt hat setzen wir unseren Weg auf einer nagelneuen Straße fort. Es geht einen zweiten, 1300 m hohen Pass hoch, bevor wir der Berg zum Zhinvali Stausee runter sausen. Bisher war es mit rund 30 °C recht angenehm, in der Abfahrt wird es mit jedem Kilometer spürbar wärmer.

Die M3 ist für uns ein Schock. Die Hauptstraße nach Kazbegi an der russischen Grenze, auch als Georgische Heeresstraße bekannt, sollte einer der Höhepunkte unserer Tour werden. Es hieß der Grenzübergang sei aufgrund des Konfliktes um Südossetien geschlossen. Daher gingen wir von einem moderaten Verkehrsaufkommen aus. Die Information scheint veraltet zu sein. Es donnern derart viel LKW, aus Russland, Georgien, Armenien und der Türkei, die Straße rauf und runter, dass wir unseren Plan nach wenigen Kilometern aufgeben. So macht Radfahren keinen Spaß! Geknickt suchen wir eine Unterkunft. Das Hostel im Dorf Chinti wird gerade umgebaut, man lässt uns aber im Garten kostenlos zelten. Dürfte cool werden, wenn es mal fertig ist. Mit Baumhaus, Sauna und Zugang zum Fluss. Des Abends sind nur noch die Handwerker da, die in Hütten im Garten übernachten.

Wasserbüffel baden in einem Schlammloch.  Wasserbüffel baden in einem Schlammloch.
Ein Schwein badet in einem Graben neben der Straße.  Ein Schwein badet in einem Graben neben der Straße.
Das Rathaus in Tianeti.  Das Rathaus in Tianeti.
Zhinvali Stausee.  Zhinvali Stausee.
Vorbildliche Ladungssicherung.  Vorbildliche Ladungssicherung.

Chinti - Biso, 70 km, 1545 hm

Eine schöne Alternative

Morgens sucht sich die Katze des Hostels unser Zelt zum Spielen aus. So sehr wir Katzen lieben, Krallen durchs Zelt bohren geht gar nicht. Die Mieze scheint Spaß daran zu haben, dass die zwei Menschen jetzt auch mitspielen. Es dauert eine Weile bis sie das Interesse an unserem Zelt verliert.

Wir haben uns entschlossen auf der Straße nach Shatili, Richtung Norden, Richtung russische Grenze zu fahren. Viel wissen wir nicht über diese Strecke. Wir erwarten eine einsame Schotterstraße, die sich in einem engen Flusstal zwischen bis zu dreitausend Meter hohen Bergen durch schlängelt und einen 2.676 m hohen Pass erklimmt. Shatili ist bekannt für seine Wehrtürme, liegt aber auch gute 1.300 m unterhalb des Passes. Der Ort wird von einem 3.890 m hohen Gipfel überragt. Zum Vergleich, der Kasbek am Ende der Georgischen Heeresstraße ist 5.047 m hoch.

Die ersten sechs Kilometer entlang des Zhinvali Stausees sind von einer Straßenbaustelle geprägt. Augenscheinlich soll die Strecke verbreitert und asphaltiert werden. Der Ort am Ende des Sees bietet sich mit seinen zwei Läden für eine Pause an. Auch eine Marschrutka macht hier gerade Station, was einen ungewöhnlichen "Ansturm" auf die Läden zur Folge hat. Die Straße folgt dem Fluss Agravia durch ein überaus grünes Tal. Die Hänge des Tals sind dicht bewaldet. Die Laubbäume spenden Schatten und bescheren uns angenehme Temperaturen. Der Verkehr ist stärker als erwartet, was auf der schmalen Schotterstraße damit einhergeht, dass wir alle paar Minuten eingestaubt werden. Den Fluss überspannen mehrere einfache Fußgängerbrücken aus Stahlseilen und Holzbohlen. Auf dem Wasser rauschen einige Raftingboote das Tal hinab. Gelegentlich zweigen Straßen in kleine Nebentäler ab. Immer wieder rinnt frisches Wasser aus den Felsen direkt neben der Straße. Es ist so klar und kalt, dass wir damit ohne Bedenken unsere Flaschen auffüllen. Die Steigung ist sehr moderat, was aber auch bedeutet, dass wir kaum an Höhe gewinnen. Nach 55 Kilometern passieren wir das kleine, langgestreckte Straßendorf Roshka mit zwei kleinen Läden und zwei Guest Houses.

Dann wird die Strecke allmählich einsamer. Das Tal verengt sich zu einer Schlucht. Hier hat sich der Fluss tief eingegraben und rauscht etliche Meter unterhalb der Straße ins Tal. Am Zusammenfluss zweier Flussarme hat sich ein Wasserfall ausgebildet. Riesige Felsen werden vom tosenden Wasser umspült, einige so groß, das Bäume auf ihnen wachsen. Als sich Straße nach Osten wendet, zieht auch die Steigung deutlich an. Rechts erhebt sich ein steiler, dicht bewaldeter Berghang. Links geht es steil bergab in eine ebenso grüne, tiefe Schlucht. Auch als wir uns des Abends der 2000 Meter Marke nähern bestimmt noch immer Laubwald das Bild. Nahe des winzigen Dorfes Biso finden wir eine Wiese zum Zelten. Mit einem kleinen Bach ganz in der Nähe, einem tollen Ausblick auf 2900 m hohe grüne Berge - perfekt! Es hat sich deutlich abgekühlt, sodass wir erstmals unsere Pullis überziehen.

Zhinvali Stausee.  Zhinvali Stausee.
Immer wieder überspannen kleine Hängebrücken den Bergbach.  Immer wieder überspannen kleine Hängebrücken den Bergbach.
Der Bach mäandriert durch ein steiniges Bett.  Der Bach mäandriert durch ein steiniges Bett.
Im Wasserfall werden riesige Felsen vom tosenden Wasser umspült.  Im Wasserfall werden riesige Felsen vom tosenden Wasser umspült.
Der Weg folgt den Bergbächen durch enge, grüne Schluchten.  Der Weg folgt den Bergbächen durch enge, grüne Schluchten.
Die Auswahl am Zeltplätzen ist sehr begrenzt.  Die Auswahl am Zeltplätzen ist sehr begrenzt.

Biso - Rafting Camp, 68 km, 800 hm

Da steht eine Kuh vor dem Zelt

Als wir aufwachen ist unser Zelt von einer Herde Kühe umstellt. Vor allem die Kälber sind neugierig und untersuchen unsere Behausung. Solange sie nur schnuppern ist das OK. Sobald sie anfangen den Kopf am Stoff zu reiben oder die Abspannleinen kosten, jagen wir sie davon. Nach einigen Minuten haben sich die Tiere auf der Alm verteilt und das Interesse an uns verloren.

Bei kühlen Temperaturen radeln wir den 2670 m hohen Datvisvri Pass rauf. Die Steigung bleibt meist unter 10% und ist somit gut fahrbar. Bei etwa 2300 bis 2400 m ist die Baumgrenze erreicht. Leider hüllen Wolken die bis zu 3700 m hohen Gipfel ein und sperren das Licht aus. Sonst wäre die Aussicht auf die steilen Bergwiesen mit ihren vielen bunten Blumen sicher noch beeindruckender. Aus Quellen am Wegesrand schöpfen wir eiskaltes Wasser. Auf einem Hügel oberhalb des Passes steht ein Kreuz unter dem eine Glocke hängt. Die Aussicht ist trotz der eingeschränkten Sicht sehr beeindruckend. Schon schade, dass gerade jetzt eine geschlossene Wolkendecke über der Landschaft hängt. Mit knapp 14 °C ist es zudem recht frisch.

Wir entschließen uns auf die 30 Kilometer und 1300 Höhenmeter nach Shatili runter - und dasselbe wieder hinauf - zu verzichten. Stattdessen fahren wir gleich wieder zurück. Heute sind deutlich weniger Fahrzeuge unterwegs als gestern. Es bleibt bedeckt und mit 21 °C recht frisch. In Roshka bekommen wir zum Mittagessen nur recht trockenes Weißbrot und kein leckeres Lavash.

Unten im Tal ist uns gestern ein Rafting Camp mit einer großen Wiese aufgefallen. Es gibt warme Duschen, Klos, Hängematten und viele Bierbänke und -tische. Aber etwas Entschiedenes fehlt, denn wir sind hier die Einzigen. Wir vertrauen auf den Dorffunk und tatsächlich fahren nach etwa einer halben Stunde gleich mehrere Autos vor. Die Insassen breiten sich auf den Bierbänken aus - und schenken uns keine Beachtung. Wir warten eine Weile und bauen dann unser Zelt ganz am Rand der Wiese, in der Nähe des Flusses auf. Irgendwann kommt dann doch jemand auf uns zu. Es sind George und Luka, Rafting Guides hier im Camp. Sie feiern hier mit einigen Freunden einen Geburtstag. Nicht nur ist es OK, das wir hier zelten, sie laden uns gleich noch auf ein Bier ein. George könnte auch Surfer sein. Mittellange Haare, Vollbart und betont entspannt. Er redet gerne und spricht gutes Englisch.

In der Nacht zieht ein Gewitter mit kräftigem Regen über uns hinweg. Da sind wir ganz froh jetzt hier unten zu sein und nicht oben in den Bergen.

Am Morgen untersuchen die Kühe neugierig unser Zelt.   Am Morgen untersuchen die Kühe neugierig unser Zelt.
Gipfelkreuz oberhalb des 2676 m hohen Datvisvri Passes.  Gipfelkreuz oberhalb des 2676 m hohen Datvisvri Passes.
Der 3562 m hohe Roshka Gipfel ist nur mit Mühe in all den Wolken auszumachen.  Der 3562 m hohe Roshka Gipfel ist nur mit Mühe in all den Wolken auszumachen.

Rafting Camp - Burg Ujarma, 90 km, 1230 hm

Freie Tankstelle im ländlichen Georgien

Die Rafting Guides und ihre Gäste schlafen noch, als wir uns wieder auf den Weg machen. Der Hund des Camps schließt uns in sein Herz. Als er uns zur Straße begleitet ahnen wir noch nicht, dass uns das schöne Tier für viele Kilometer folgen wird. Die Straße ist noch feucht vom Regen der Nacht. In vielen Pfützen steht noch ordentlich Wasser. Mehrfach meinen wir der Hund wäre umgekehrt, doch sobald wir anhalten oder langsamer werden ist er wieder da. Ganz außer Atem kühlt sich das Tier in einer Pfütze ab. Erst nach fast zehn Kilometern verlieren wir ihn endgültig aus den Augen.

Die M3 ist heute nicht ganz so stark befahren. Viele einfache Restaurants säumen die Hauptstraße. Auch Obst- und Gemüsehändler sowie Souvenirverkäufer versuchen von den Durchreisenden zu profitieren. Nach 12 Kilometern bergab sind wir froh unseren Weg auf einer ruhigen, kleinen Nebenstraße fortsetzen zu können. Auf eher grobem Schotter geht es recht anstrengend den Berg hinauf. Der Weg führt durch winzige Dörfer in denen Schweine frei rumlaufen und die umgeben sind von ausgedehnten Gärten. Diese Gärten sind wahre Dschungel aus Obst und Gemüse. Was für uns paradiesisch anmutet ist für viele Georgier eine Notwendigkeit, ohne die sie nicht über die Runden kämen. Es folgen nicht umzäunte Wiesen auf denen Kühe sich an kniehohem Gas mit vielen Blumen und Kräutern laben. Zu oberst schließt sich ein uriger Laubwald mit dichtem Unterholz an. Im Dorf Gorana, auf der anderen Seite des Berges, stoppen wir an einem kleinen Laden. In etwas, das entfernt an einen rostigen Kleiderschrank erinnert, steht eine recht aktuelle Zapfsäule. Ein älterer Herr befüllt gerade eine 1,5 Liter PET-Flasche. Das geht mal als freie Tankstelle durch;-) Selbstredend ist auf dieser schönen Strecke nahezu kein Verkehr.

Zurück auf Asphalt, ist kaum mehr los. An der Straße liegen alle paar Kilometer eine paar Häuser, hin und wieder ein Dorf mit einer sehenswerten Kirche. Zu beiden Seiten erheben sich in einiger Entfernung grüne Berge - so um die 1400 m hoch. Die Straße ist leicht wellig und frei von Schlaglöchern. Wir überqueren mehrfach den Fluss Iori, der weiter unten im Tal von einem großen Wehr gestaut wird. Erst auf der von Telawi kommenden Straße nimmt der Verkehr wieder zu.

Die Ruine der Burg Ujarma thront auf einem Hügel oberhalb der Straße. Am Eingang, unter freiem Himmel, sitzen drei ältere Männer an einem einfachen Küchentisch und spielen Karten. Der Parkplatz und das Info-Büro wirken eher überdimensioniert. Es wird ein Eintritt von 3 Lari pro Nase fällig. Von der Ruine eröffnet sich ein schöner Blick auf die umgebenden Berge - den bis zu 1991 m hohen Gombori-Kamm. Eine kleine Kapelle ist erhalten geblieben. Vom Rest sind nur Mauern übrig, auf denen man frei rumklettern kann. Es ist spät geworden. Wir fragen ob wir hier zelten können und zu unserer Überraschung ist das kein Problem. Es gibt ein einfaches Plums-Klo und an einem Baum hängt eine Flasche Wasser und ein Spiegel. Die Flasche hängt auf dem Kopf, öffnet man den Verschluss leicht gibt sie das Nass wohl dosiert ab. Auch Tisch und Stühle sind vorhanden. Leider auch Mücken.

Dieser Hund folgte uns mehr als 10 km.   Dieser Hund folgte uns mehr als 10 km.
Ländliches Idyll aus Wiesen, Wäldern und kleinen Äckern.  Ländliches Idyll aus Wiesen, Wäldern und kleinen Äckern.
Diese kleine Tankstelle gehört mit Sicherheit zu keinem der großen Konzerne.  Diese kleine Tankstelle gehört mit Sicherheit zu keinem der großen Konzerne.
Kirche von Sakdrioni.  Kirche von Sakdrioni.
Blick von der Festung Ujarma auf das Gombori-Gebirge.  Blick von der Festung Ujarma auf das Gombori-Gebirge.
Sanitäranlagen am Fuße der Festung Ujarma. Alles da: Klo, Wasser, Seife, Spiegel.  Sanitäranlagen am Fuße der Festung Ujarma. Alles da: Klo, Wasser, Seife, Spiegel.

Burg Ujarma - bei David Gareja, 76 km, 925 hm

Durch die Steppe zum beeindruckenden Kloster David Gareja

In der Nacht haben die Hunde jeden Baum im Wald einzeln angebellt. Gefühlt hat irgendwo immer ein Tier gebellt. Mistviecher!

Bis zur Hauptstraße M5 von Aserbaidschan nach Tiflis geht es weiter wellig durch kleine Dörfer. Die Schlucht des Iori bestimmt die Landschaft. Südlich der Magistrale ändert sich das Bild. Das üppige Grün weicht aus der Landschaft. Ein Erdweg führt durch Sonnenblumenfelder und Wiesen mit kurzem, trockenem Gras. Dort wo der Erdweg zu ausgefahren ist, haben die Georgier wenige Meter daneben einfach eine neue Spur in die Landschaft gefahren. Sanft geschwungene Hügel kennzeichnen die weite, trockene Landschaft. Hier und da grasen Kühe oder Pferde auf den nicht umzäunten Wiesen. Wir radeln durch ganze Schwärme roter Heuschrecken. Dann wagen wir es nicht zu sprechen oder durch den offenen Mund zu atmen. Eine lustige Begleiterscheinung ist ein "Klackern" in den Speichen. Je tiefer wir in diese Landschaft vordringen, desto steppenhafter wird sie. Den gesamten Nachmittag passieren wir auf über 60 Kilometern ganze 2 Dörfer. Der Verkehr ist dementsprechend gering.

Auf der Asphaltstraße von der Stadt Sagarejo zum Dorf Udabno kommen uns mehrere Marschrutkas und zwei kleine Reisebusse entgegen. Hm? Dass das Kloster David Gareja ein absoluter Höhepunkt ist, war uns bewusst - aber Reisebusse? Wir fahren zwischen zwei "Salzseen" hindurch. Der Kapatadze Lake ist ein flacher See, der nur noch an seiner tiefsten Stelle mit Wasser gefüllt ist. Die trocken gefallenen Flächen sind mit einer dünnen grauweißen Schicht bedeckt. Ich war vor 17 Jahren schon mal hier und seither hat sich der See kaum verändert. Es liegt nahe, das es sich um einen periodischen See handelt, der jeden Sommer austrocknet.

Im Dorf Udabno bieten mehrere Guest Houses Betten an. Der Ort macht offensichtlich das Beste aus seiner Nähe zum berühmten Kloster. Nun ja, 14 hügelige Kilometer sind es schon noch. Das Kloster David Gareja wurde im 6. Jahrhundert von einem Mönch David in der Gareja Schlucht gegründet. Es liegt in einer Schlucht mit beeindruckenden Felsformationen - tolle rote Bänderung. David Gareja ist in die Bergflanke des Höhenzugs von Udabno gebaut. Auf zig Ebenen sind von Hand kleine Höhlen in den Sandstein getrieben worden, um als Mönchszelle zu dienen. Gegenüber liegen die Kirche und weitere Räume aus hellen Bruchsteinen. Das ganze Ensemble umschließt eine Bruchsteinmauer. Die Lage am Nordhang des Berges spendet Schatten und ermöglicht das Sammeln von Wasser in Zisternen - was für die Einsiedelei überlebenswichtig war. In den Stein gehauene Stufen ziehen sich weit den Berghang hinauf. Auch wir steigen nun zum Kamm hinauf und damit zur Grenze zwischen Aserbaidschan und Georgien. Nach Süden schweift unser Blick über eine weite, trockene Ebene. Knapp unterhalb des Bergkamms verläuft ein schmaler Fußweg, der zu zahlreichen Höhlen führt - dem Kloster Udabno. Viele sind eingestürzt, weil die Russische Arme hier für ihren Afghanistan-Krieg übte. Was für eine Frevelei! Bemalte Decken zeugen noch heute davon, dass einzelne Höhlen dereinst als Kirche genutzt wurden. Auf den Felsen leben flinke Kaukasus-Agamen. Ein wundervoller Ort!

Auf einem rauen, unbefestigten Weg radeln wir noch weitere 10 Kilometer an der Grenze entlang. Deren Verlauf ist anhand der Grenztürme gut zu erkennen. Als wir einige Kilometer Abstand zum Nachbarland haben, bauen wir unser Zelt in der Steppe auf. In absoluter Ruhe und mit toller Aussicht.

Auf einem Erdweg geht es durch die Steppe.  Auf einem Erdweg geht es durch die Steppe.
Sonnenblumen  Sonnenblumen
Der Kapatadze See ist dabei auszutrocknen.  Der Kapatadze See ist dabei auszutrocknen.
Das Kloster David Gareja wurde Mitte des 6. Jahrhunderts von einem Mönch David gegründet.  Das Kloster David Gareja wurde Mitte des 6. Jahrhunderts von einem Mönch David gegründet.
Das Kloster David Gareja  Das Kloster David Gareja
Kapelle auf dem Berg Udabno.  Kapelle auf dem Berg Udabno.
Der schmale Pfad, der sich an der Felswand entlang schlängelt, führt zu weiteren Klosterhöhlen - dem Kloster Udabno.  Der schmale Pfad, der sich an der Felswand entlang schlängelt, führt zu weiteren Klosterhöhlen - dem Kloster Udabno.
Die erhaltenen Fresken zeugen von der Kunstfertigkeit der Mönche.  Die erhaltenen Fresken zeugen von der Kunstfertigkeit der Mönche.
Kaukasus-Agame  Kaukasus-Agame
Höhle des Klosters Udabno.  Höhle des Klosters Udabno.
Schönen Gesteinsschichten der Gareja Schlucht.  Schönen Gesteinsschichten der Gareja Schlucht.

bei David Gareja - Tiflis, 57 km, 280 hm

Auf der Autobahn in Georgiens schöne Hauptstadt

Der Weg bleibt ziemlich ruppig und schwierig zu fahren. In der Steppe liegt eine Kaserne der georgischen Grenztruppen. Die Rekruten trainieren auf der Straße. Eine Gruppe macht Liegestützen, eine andere läuft. Wir werden freundlich gegrüßt.

Wieder auf Asphalt radeln wir an einem kleinen Fluss entlang. Männer angeln darin. Sein Wasser wird zur Bewässerung der Felder genutzt. Und doch ist die Landschaft eigentümlich grau. Am Horizont zeichnet sich schon der Industriegürtel von Tiflis ab. Schon bald säumen Metallrecycler und andere Fabriken die Straße. Zwischen LKW, Hochspannungsmasten und Industrieschloten grasen Kühe auf mageren Wiesen. Die schöne Innenstadt von Rustavi bietet dem Auge eine kurzzeitige Erholung.

Entlang der vierspurigen Stadtautobahn M4 radeln wir nach Tiflis. Schön und ruhig ist was anderes, aber man lässt uns am Leben. Augen zu und durch heißt es auch im quirligen Verkehr von Tiflis. Da ist schon volle Konzentration gefordert. Am frühen Nachmittag haben wir die Kilometer "runter gerissen", sind geduscht und bereit für die Entdeckung der Hauptstadt.

Ich erkenne die runtergekommene Stadt nicht wieder, die ich vor 17 Jahren besucht habe. Die Altstadt ist wunderschön renoviert, aber auch voller Touristen. Häuser mit schönen Balkonen, enge Gassen mit Cafés, schöne Kirchen. Die 2010 eröffnete Friedensbrücke ist eine futuristische Konstruktion aus weißen Stahlrohren und Glas. Wie ein großes Dach überspannt die 150 m lange Fußgängerbrücke den Fluss Kura. Im Bäderviertel riecht es nach Schwefel. Kuppeln aus roten Backsteinen sind typisch für die alten Bäder. Nur wenige Meter weiter stürzt mitten in der Stadt ein Wasserfall gut 15 Meter in eine schmale Schlucht. Es ist unglaublich heiß, bestimmt 34 °C. Einen "normalen" Lebensmittelladen zu finden ist erst gar nicht so leicht. Die eisgekühlten Halbliterflaschen der vielen Straßenhändler sind uns aber doch etwas zu teuer. Im Botanischen-Garten finden wir etwas Ruhe und Schatten. Außerdem ist es ein schöner Fußweg zur Festung Narikala, die weithin sichtbar über der Altstadt thront. Umgekehrt bietet die Burg auch die besten Blick über das Häusermeer an den Ufern der Kura. Selbst von hier oben ist die Stadt schön! Der Weg zur Monumentalstatue "Mutter Georgiens" lohnt nicht wirklich. Die Schöne hält in einer Hand Weintrauben und in der Anderen ein Schwert. Die Trauben stehen für die Gastfreundschaft gegenüber Freunden, das Schwert für die Wehrhaftigkeit gegenüber Feinden. Wir haben nach 12 Kilometern langsam genug und fahren mit der Seilbahn zurück in die Altstadt. Unser Guest House liegt auf einem Hügel gegenüber der Altstadt. Des Abends genießen wir den Blick von der Dachteeasse auf das Lichtermeer. Eine wirklich schöne Stadt! Aber auch eindeutig darauf aus Touristen anzuziehen.

Industriegürtel südlich von Tiflis.   Industriegürtel südlich von Tiflis.
riedensbrücke im Herzen von Tiflis.  riedensbrücke im Herzen von Tiflis.
Blick von der Festung Narikala über Tifils. Blick von der Festung Narikala über Tifils.
Melonenverkäufer in Tiflis. Melonenverkäufer in Tiflis.