Frankreich per Rad - Tagebuch einer Radreise

© Christian Hartmann, Jörg Feye mail_outline 

Gorges du Verdon, Wanderung auf Sentier Martel, 15 km

Die Wanderung durch die Gorges du Verdon eröffnet uns neue Perspektiven.

Wir stehen früh auf und frühstücken auf der Terrasse. Die anderen Gäste schlafen noch. Um 8 Uhr brechen wir zur Wanderung auf dem Sentier Martel (Sentier = Fußweg) zum Point Sublime (sublime = erhaben) auf. Wir scheinen die Ersten zu sein, die sich heute auf den Weg machen. In den frühen Morgenstunden sind wir lange allein unterwegs. Vom Chalet de la Maline geht es in Serpentinen runter zum Grund der Schlucht. Es ist noch angenehm kühl. Im Wald hören wir Tiere.

Am Verdon angekommen verläuft der schmale Weg meist in Sichtweite des Flusses stromaufwärts. Große Teile des Weges verlaufen im Wald. Dies erklärt auch, warum der Weg von oben fast nicht zu sehen ist. Durchaus anspruchsvoll geht es immer wieder steil auf und ab. Lose Stellen, große Steine, Stufen und Wurzeln erfordern ständige Aufmerksamkeit beim Gehen. Die neue Perspektive auf die Schlucht versetzt uns immer wieder in Staunen und Ehrfurcht. Von unten aus haben wir eine ganz andere Wahrnehmung von der Tiefe der Gorges du Verdon. Die Vielfalt der Landschaft ist erstaunlich.

Den Abstecher zur Breche d`Imbert finden wir nicht ganz so lohnend. Der große Stein bietet sich allerdings für eine erste Pause an. Zurück auf dem Hauptweg hat eine Gruppe aus Deutschland zu uns aufgeschlossen. Einige Kilometer später erreichen wir eine Stelle, an der das Ufer des Verdon über einen "Kiesstrand" zugänglich ist. Dort legt die Gruppe ihre Mittagspause ein und wir sind wieder weitgehend allein.

Langsam wird es heiß in der Schlucht. Wir haben je 2 Liter Wasser dabei. Dies wird als Mindestmenge empfohlen, was wir aus unserer Erfahrung bestätigen können.

Es folgen einige anspruchsvolle Passagen. Die Überquerung eines Schotterfeldes erfordert Trittsicherheit. Auf einer steilen Treppe mit 200 Stufen ist Schwindelfreiheit gefragt. In einer steilen Passage sind Metallgriffe zur Sicherung angebracht.

Auch Nachmittags kommen uns immer wieder Wanderer entgegen. Wann die wohl das Chalet de la Maline erreichen?

Kurz vor Schluss sind zwei unbeleuchtete Tunnel zu durchqueren. Der Zweite ist respektable 700m lang. Am Boden hat sich in ausgedehnten, einige Zentimeter tiefen Pfützen Wasser angesammelt. Jörg versucht trockenen Fußes hindurch zu kommen, ich mache mir diese Mühe erst gar nicht. Am Ende des Tunnel haben wir beide nasse Schuhe und Socken.

Nach gut 7 Stunden erreichen wir Point Sublime. Unser Flaschen sind leer. Wir stärken uns mit Baguette und einem fast flüssigen Camembert. Ein kurzes Gewitter zieht durch. Theoretisch könnte man von hier aus ein Taxi zurück zum Chalet de la Maline nehmen. In der Hauptsaison soll sogar ein Bus fahren. Wir vertrauen unseren Daumen. Schon bald nimmt uns ein älteres Ehepaar aus Hannover mit. Sie fahren sogar extra für uns den Umweg über die Routes des Cretes. Die Perspektive aus dem Auto ist für uns neu und aufschlussreich. Die kurvigen Straßen entlang der Felswände sind so unübersichtlich, dass man regelrecht gezwungen ist langsam zu fahren.

Heute Abend nehmen wir am Abendbrot im Chalet teil. Dieses wird gemeinsam eingenommen. Wir sitzen jeweils zu acht bis zu zehnt an drei großen Tischen. Das Essen, Salat, Lasagne, Käse und Dessert kommt für die Gruppe an die Tische. Die Gruppe übernimmt dann die Verteilung. Sprachbarrieren werden so gut es geht überwunden. So erfährt man ein klein wenig übereinander.

Sentier Martel  Sentier Martel: 15 km lange Wanderung durch die Gorges du Verdon.
Sentier Martel  Von unten wirken die bis zu 700m hohen Felswände sehr imposant.
Sentier Martel  Wir haben für die Wanderung rund 7 Stunden gebraucht.
Sentier Martel   An aufregenden Ausblicken herrscht kein Mangel.
Sentier Martel  Sentier Martel
Sentier Martel  Sentier Martel
Sentier Martel  Zwei bis drei Liter Wasser pro Person sind das Minimum.
Sentier Martel  Der Mensch wirkt sehr klein vor dieser Landschaft.
Sentier Martel  Sentier Martel
Sentier Martel  Sentier Martel
Sentier Martel  Sentier Martel
Sentier Martel  Sentier Martel

Chalet CAF de la Maline - St. Auban, 71 km, 1170 Hm

Eine schöne Übergangsetappe.

Das Frühstück im Chalet ist wie das Abendbrot sehr gut und auch für hungrige Radfahrer ausreichend. Es gibt Cornflakes, Brot mit Marmelade, Kaffee, Joghurt und Orangensaft.

Auf der D23 geht es nach La Palud. Dort versorgen wir uns für den Tag. Auf der D952 und D955 radeln wir ostwärts. Wir genießen noch einmal die Ausblicke auf die Gorges du Verdon. Zwischen Trigance und Comps sur Artuby bestimmen Getreidefelder das Bild. Es beginnt wieder heiß zu werden. In Comps sur Artuby machen wir Mittag auf dem Place du Fontain, der seinen Namen von einem Brunnen bekam. Wir füllen unsere Flaschen auf.

Auf der D21 nach La Bastide rücken die bis zu 1700m hohen Berge der Montagne de Brouis und er Montagne de Brouis (Montagne = Gebirge) langsam näher, zwischen denen wir später noch durchfahren werden. Davor erstrecken sich Wiesen mit roten Blumen und Wälder. Alle Straßen sind mal wieder erfreulich ruhig. Auf der D2211 nach St. Auban prägt Kiefernwald das Bild. Die 1700m hohen Berge der Montagne de Charamel sind jetzt schon ganz nahe.

Schon um drei Uhr Nachmittags erreichen wir den Campingplatz bei St. Auban. Es kam uns vor wie ein Ruhetag. Der kleine Platz ist schön und sauber. Im strahlenden Sonnenschein bauen wir das Zelt auf, die Feuchte vom letzten mal ist schnell verdunstet. Wir sonnen uns ein wenig.

St. Auban ist aus der Distanz schön anzuschauen, bietet aber aus der Nähe betrachtet nichts Interessantes. Der kleine Supermarkt hat interessante Öffnungszeiten 8:30 - 12:30 und 17:00 - 19:30. Gegen 17 Uhr beginnt es kräftig zu gewittern. Wir "flüchten" uns in die kleine Pizzeria des Platzes, beobachten wie die Wolken aus den Bergen in Richtung Küste ziehen und später wieder zurück. Erst gegen halb neun klart es wieder etwas auf. Da aber alles nass ist, essen wir in der Pizzeria. Essen und Wein sind klasse. Den Wein merken wir aber beide sofort.

Gorges du Verdon  Östliches Ende der Gorges du Verdon
Blumenwiese nahe La Bastide.  Blumenwiese nahe La Bastide.

St. Auban - Guillaumes, 84 km, 1660 Hm

Die Tour durch das Tal der Gironde, die Gorges de la Roudoule und Gorges de Daluis ist gespickt mit landschaftlichen Leckerbissen.

Als wir des Morgens aufstehen ist es sehr neblig. Entsprechend nass ist das Zelt. Schon während des Frühstücks steigt die Sonne über die Berge und beginnt damit den Nebel aufzulösen und das Zelt zu trocknen. Als wir aufbrechen, haben wir ein fast trockenes Zelt dabei.

Auf der D5, D10 und D110 geht es durch das Tal der Gironde. Die Strecke ist ausgesprochen ruhig, fast schon einsam. Auf den ersten Kilometern kommen uns mehrere Gruppen Rennradfahrer entgegen. Die Autos und Motorradfahrer können wir an zwei Händen abzählen. Die Gegend wird bestimmt vom Wald des Foret Domaniale de la Gironde (Foret Domaniale = Staatsforst). Es herrschen Kiefern vor, dazwischen Ginster und selten mal ein Getreidefeld. Im Norden ragen die Montagne de Charamel (1257m - 1686m) auf, im Süden die Montagne de Bleine (bis 1657m) und Montagne de Thorene (ca. 1600m). Sie bilden ein weites Tal mit sanft ansteigenden grünen Bergen. Kaum zu glauben, das der Höhenunterschied zwischen Fluss und Gipfeln bis zu 800m beträgt.

Nach einem langgezogenen Anstieg, der uns von 1050m auf 1130m bringt, geht es steil und kurvig bergab. Die Straße ist frisch mit Bitumen und Schotter gemacht, was viel Gefühl beim fahren erfordert. Nahe Aiglun durchbricht der Esteron von Norden her die Montage Charamel und hat dabei eine spektakuläre, schmale Schlucht geschaffen, die Clue d'Aiglun. Mittlerweile ist es sehr heiß geworden. In Aiglun gibt es einen Brunnen, an dem wir unsere Flaschen nachfüllen. Nahe Le Colombier bahnt sich der Bach Vallon de St-Joseph seinen Weg durch das Kalkgestein Richtung Esteron. Dabei hat er wunderschöne Becken geschaffen, in denen man baden kann.

Der Ort Sigale thront wie ein Adlerhorst auf einem Felsen über dem Tal des Esteron. Als wir kurz vor 12 Uhr dort ankommen, sitzen auffällig viele Menschen im Café und auf dem kleinen Platz vor dem Rathaus. Wir erkundigen uns nach einem Bäcker und erfahren, dass gegen 12 Uhr ein Bäckerwagen kommt. Perfekt! Auf dem Platz vor dem Rathaus finden wir ein schattiges Plätzchen für unsere Mittagspause. Als ein weißer Kombi vorfährt bildet sich schnell eine lange Schlange. Wir reihen uns ein und erfahren, dass der Bäcker schon seit 45 Jahren Brot backt. Eine besondere Spezialität wäre der Spinatkuchen. Der schmeckt tatsächlich sehr gut - die Hauptbestandteile sind Blätterteig, Spinat, Rosinen und Zucker. Am Brunnen füllen einigen Rennradfahrer ihre Flaschen auf, wir tun es ihnen gleich.

Nun geht es den 875m hohen Col de Saint Raphael rauf. Besonders schön ist der Abschnitt rund um den Tunnel am Clue du Riolan. Wir schwitzen kräftig in der großen Hitze. Auf der Abfahrt nach Puget-Théniers haben wir schöne Ausblicke ins Var-Tal und die dahinter liegenden Berge. Puget-Théniers gefällt uns nicht besonders.

Auf der kleinen und ruhigen D16 geht es die Gorges de la Roudoule hoch. Anfangs ist die Steigung moderat. Besonders faszinieren uns die Gesteinsformationen. An mehreren Stellen ist sehr schön die Schichtung des Gesteins und dessen Faltung zu sehen. Auf einer Stahlbrücke überqueren wir die tiefe Gorges de la Roudoule. Weiter unten liegt die alte steinerne Pont de St. Léger. Nun wird es deutlich steiler. Ein Abschnitt mit sehr klein zerbrochenem Schiefer erinnert an eine Kohlehalde. St-Léger ist ein kleines Bergnest. Am Brunnen füllt gerade ein Gruppe Radlerinnen ihre Flaschen auf. Die Abfahrt nach Dalius führt über einen Feldweg, der im oberen Teil - mehr schlecht als recht - asphaltiert ist. Unten ist er ganz geschottert.

Von Dalius aus geht es das Var-Tal hoch. Es ist recht wenig Verkehr. Die Gorges de Daluis bestehen aus rotem Tongestein. Auf den steil abfallenden, schroffen Felsen wachsen vielerorts Pflanzen. Die Straße verläuft im oberen Drittel der tiefen und schmalen Schlucht. Die Tunneldichte ist sehr hoch. Leider sind dunkle Wolken aufgezogen. Auf halber Strecke durch die Schlucht beginnt es zu regnen. Wir packen die Kameras ein und treten ein wenig fester in die Pedale. Über die Pont de la Mariée gelangen wir auf eine kleine, schlecht asphaltierte Nebenstraße. Der Campingplatz ist klein, sauber und mit einem kleinen Restaurant ausgestattet. Das Gewitter spielt sich vorwiegend im östlichen Nachbartal ab, ein wenig Regen schwappt aber immer wieder auch zu uns rüber.

Foret Dominial de Bleine  Foret Dominial de Bleine
Foret Dominial de Bleine  Foret Dominial de Bleine
Tal des Gironde  Tal des Gironde
Tal des Gironde  Tal des Gironde
Tal des Gironde  Tal des Gironde
Vallon de St Josepf  Vallon de St Josepf
Vallon de St Josepf  Vallon de St Josepf
Sigale  Sigale
Auf der D16 nördlich von Signale  Auf der D16 nördlich von Signale
Auf der D16 nahe Puget-Théniers  Auf der D16 nahe Puget-Théniers
Verwitterter Schiefer  Verwitterter Schiefer
Das Tal der Var  Das Tal der Var
Gorges de Daluis  Gorges de Daluis
Gorges de Daluis  Gorges de Daluis
Gorges de Daluis  Gorges de Daluis
Gorges de Daluis  Gorges de Daluis
Gorges de Daluis  Gorges de Daluis

Guillaumes - Saint-Etienne-de-Tinée, 91 km, 2280 Hm

Unsere erste Alpen-Etappe.

Mit dem Anstieg zum 1673m hohen Col de Valberg beginnt das Abenteuer Alpen. Die Ausblicke auf die 2500m hohen Berge ringsum werden mit jeder Kurve besser. Valberg zählt zu den beliebtesten Wintersportorten in den französischen Seealpen. Im Sommer locken Wanderungen, ein Schwimmbad sowie eine Sommerrodelbahn. Es geht hinunter nach Beuil (ca. 1400m) und gleich wieder hoch zum Col de la Couillole (1678m). Die Gegend ist geprägt von Wald, der hin und wieder durch Viehwiesen unterbrochen wird. Auf der Abfahrt passieren wir den kleinen Ort Ruboin, der fotogen an einer Felskante über dem Tal thront. Durch das Tal der Vionene geht es nach Saint-Etienne-de-Tinée. Die Straße verläuft kurven- und verkehrsarm durch die tolle Schlucht. Einige frisch geschotterte Abschnitte erfordern eine sehr vorsichtige Fahrweise.

In Saint-Sauveur-sur-Tinée (ca. 500m) machen wir Mittag an einem Brunnen. Auch ein Rennradfahrer aus Auron ruht sich hier aus. Oben in den Bergen waren die Temperaturen angenehm, hier unten fühlt es sich an wie in einem Toaster. Beim Bäcker lachen uns Apfel- und Aprikosenkuchen an. Von hier sind es nur noch 60 Kilometer nach Nizza. Eine durchaus verlockende Option. Uns zieht es aber in die Berge.

Die D2205 über Isola nach Saint-Etienne-de-Tinée gefällt uns nicht so sehr. Die recht gut ausgebaute Strecke verläuft entlang des Flusses Tinée flach das Tal hinauf. Die Berge zu beiden Seiten ragen bis zu 2800m hoch auf. Einige gehören zum Parc National du Mercantour. Der Verkehr hält sich im Rahmen, es gibt allerdings ein deutlich wahrnehmbares LKW-Aufkommen. Links und rechts der Straße stört immer wieder ein Wasserkraftwerk oder ein kleiner Industriebetrieb das Bild. Da sind wir von den kleinen verkehrsarmen Straßen so verwöhnt, dass uns das nicht gefällt :-)

Zwischen Isola und Saint-Etienne-de-Tinée verläuft über weite Strecken ein gut ausgebauter Radweg entlang der Straße. Bei unseren Vorbereitungen konnten wir weder in unseren Reiseführern und noch im Internet einen Campingplatz in Saint-Etienne-de-Tinée finden. Also ackern wir uns die knackigen 500 Höhenmeter nach Auron hoch. Schock, schwere Not! Auron ist ein Ansammlung von Bettenburgen und abgesehen von einigen Handwerkern völlig ausgestorben. Auch der Campingplatz erweist sich als Katastrophe.

Schon etwas müde und hungrig sausen wir runter nach Saint-Etienne-de-Tinée. Dort "überfallen" wir erstmal Supermarkt und Bäcker. Auf der Suche nach einer Bleibe erblicken wir völlig überrascht ein Schild zum Campingplatz. Es ist der bisher beste Campingplatz auf unserer Tour. Der Beste, da am Besten auf unsere Bedürfnisse abgestimmt, mit Sitzgelegenheiten - auch überdachten - und schönen kleinen Plätzen. Wir sind begeistert und können schon jetzt über das "extra Bergtraining" Auron lachen.

Roubion  Roubion
Roubion  Roubion
Anstieg zum Col de la Bonette  Anstieg zum Col de la Bonette
Anstieg zum Col de la Bonette  Anstieg zum Col de la Bonette

Saint-Etienne-de-Tinée - Saint-Paul-sur-Ubaye, 70 km, 1820 Hm

Ab aufs Dach der Tour.

Morgens ist es trocken und der Himmel blau. Aufgrund der Höhe und da die Sonne lange braucht um über die hohen Berge zu kommen, aber noch recht frisch. Saint-Etienne-de-Tinée liegt auf 1140m. Der Col de la Bonette ist 2802m hoch. Es sind 25 Kilometer bis zum Pass, wir haben genug Wasser in der Flaschen, ein Packung Kuchen, die Sonne scheint, wir tragen Sonnenbrillen. Tritt rein! Die Straße ist wieder klein und ruhig. Im unteren Teil gibt es eine ganze Reihe kleiner Wasserfälle. Mit zunehmender Höhe wird das Bergpanorama immer spektakulärer. Wir überholen mehrfach einen älteren französischen Radfahrer, der bei unseren Fotostopps wiederum an uns vorbeizieht. Aufgrund der Schönheit der Strecke machen wir viele Fotostopps. Obwohl mit zunehmender Höhe die Vegetation immer spärlicher wird, gedeihen bis wenige hundert Meter unterhalb des Passes noch Pflanzen. Selbst in 2000m Höhe grasen noch Schafe. In geschützten Lagen oberhalb von etwa 2300m haben sich noch Schneefelder gehalten. Auf 2271m liegt das 1890 erbaute Camp des Fourches, ein ehemaliges Militärcamp dessen Häuser heute nur noch aus Ruinen bestehen. Die Steigung ist lang, bis auf die letzten Kilometer allerdings nicht besonders steil. Als wir nach dreieinhalb Stunden oben ankommen, sind wir hungrig und erschöpft. Dafür stehen wir an einem der höchsten Punkte, die man in den Alpen auf einer asphaltierten Straße erreichen kann (Bild). Nur die Ötztaler Gletscherstraße ist noch 27m höher (die ist allerdings eine Sackgasse). Der Col de la Bonette hat verkehrstechnisch nur geringe Bedeutung, da er hauptsächlich aus touristischen Gründen erbaut wurde.

Wir stärken uns und erklimmen über einen schmalen Fußpfad den 2862m hohen Cime de la Bonette. Von dort haben wir eine sensationelle Rundumsicht. Kaum zu glauben, das die Zugspitze nur 100m höher ist.

Die Abfahrt ist schön zu fahren. Ein Murmeltier huscht vor uns über die Straße. Jörg kann ein Bild von ihm erhaschen. Wenig später rumpelt er durch ein Schlagloch, was zum Glück ohne Folgen bleibt. Ein schöner Stopp ergibt sich an einem kleinen See rund 6,5 Kilometer unterhalb des Passes. Im Großen und Ganzen lassen wir es aber laufen, genießen die Abfahrt. Gegen drei Uhr erreichen wir Jausiers. Der kleine Laden hat von 12 Uhr bis 16 Uhr geschlossen. Einen Rest Baguette und Käse haben wir noch. Nachdem die vertilgt sind, setzten wir uns in ein Café, trinken Kaffee und essen ein Eis. Es geht ein kräftiger Gewitterschauer nieder. Der ist aber kurz vor vier Uhr vorbei.

Mit frischem Proviant geht es durch das Tal des Ubaye leicht ansteigend nordwärts. Der Verkehr ist moderat. Das Tal ist schmal und recht felsig. Hier und da kann man wieder die Schichtung des Gesteins sehen. Wir folgen dem Ubaye durch die Pas de la Reyssole (Pas = Passage) nach Saint-Paul-sur-Ubaye. Es gibt noch mal einen lauten Donner, bleibt aber erstmal trocken.

Auch der Campingplatz in Saint-Paul-sur-Ubaye bekommt von uns sehr gute Noten. Im Tal des Ubaye gelegen, bieten sich tolle Ausblicke auf die umliegenden Berge, die Höhen von bis zu 3015m erreichen. Kochen und essen können wir in einem Gemeinschaftsraum mit Tischen und Bänken. Da es ein Abendgewitter gibt, nutzen wir diese Möglichkeit gerne.

Anstieg zum Col de la Bonette  Anstieg zum Col de la Bonette
Von Saint-Etienne-de-Tinée zum Col de la Bonette sind es 25 Kilometer und 1660 Höhenmeter!  Von Saint-Etienne-de-Tinée zum Col de la Bonette sind es 25 Kilometer und 1660 Höhenmeter!
Anstieg zum Col de la Bonette  Kilometer 8: Noch 13 Kilometer und 930 Höhenmeter.
Anstieg zum Col de la Bonette  Anstieg zum Col de la Bonette
In 2000 m Höhe grasen noch Schafe  In 2000 m Höhe grasen noch Schafe
Anstieg zum Col de la Bonette  Mit zunehmender Höhe wird das Bergpanorama immer spektakulärer
Anstieg zum Col de la Bonette  Das 1890 erbaute Camp des Fourches.
Anstieg zum Col de la Bonette  Kilometer 14: Noch 7 Kilometer und 512 Höhenmeter.
Anstieg zum Col de la Bonette  Hier sieht man schön die kurvige Straße.
Anstieg zum Col de la Bonette  Anstieg zum Col de la Bonette
Col de la Bonette: 2902 m  Col de la Bonette: 2902 m
Col de la Bonette  Blick vom Col de la Bonette
Abfahrt vom Col de la Bonette  Abfahrt vom Col de la Bonette
Abfahrt vom Col de la Bonette  Abfahrt vom Col de la Bonette

Saint-Paul-sur-Ubaye - Col d'Izoard, 64 km, 2070 Hm

Zwei Alpenpässe an einem Tag!

Heute Morgen steht mit dem 2109m hohen Col de Vars gleich der nächste Alpenpass auf dem Programm. Vom 1400m hoch gelegenen Saint-Paul-sur-Ubaye sind es gute 9 Kilometer bis zum Pass.

Eine Besonderheit der Region sind Blechdächer. Auffällig viele Häuser - Alte wie Neue - sind nicht mit Ziegeln sondern mit Stahlblechen gedeckt. Den genauen Grund dafür haben wir bisher nicht ausfindig machen können. Fest steht, dass in dieser hochalpinen Region Ackerbau nur sehr begrenzt möglich ist. Lange Zeit waren wohl Viehzucht und Seidenweberei die Haupteinnahmequellen. Allerdings gibt es auch reiche Erzvorkommen, unter anderem Eisenerz. So ist es wahrscheinlich, dass Stahlblech schlicht ein günstiger und reichlich verfügbarer Baustoff war und daher zum Decken der Dächer benutzt wurde.

Der Col de Vars ist ein erstaunlich grüner Pass, der auf den letzten Kilometern durchaus Einsatz erfordert. Zwei Rennradfahrer aus der Schweiz überholen uns und zollen uns Respekt, dass wir den Pass mit Gepäck hochfahren. Wie schon gestern sind wir gefesselt vom Bergpanorama und legen etliche Fotostopps ein. Am 2109m hohen Col de Vars stehen mehrere Reisebusse, die alle auf Rennradfahrer zu warten scheinen. Diese kommen uns auf der schönen Abfahrt entgegen.

Die Abfahrt endet in Guillestre. Der zweitausend-Seelenort wurde im 12. Jahrhundert erstmalig urkundlich erwähnt. Nachdem der Proviant aufgefüllt und der Hunger gestillt ist, gönnen wir uns eine Kaffee-Pause im Café.

Entlang des Wildwasserflusses Guil geht es durch die Combe du Queyras nordwärts. Die Schlucht ist auf den ersten Kilometern sehr schön, nördlich des Stausees aber nicht mehr sonderlich aufregend. Dafür ist der Wildwasserfluss Guil recht laut. Wo wir nur weiß schäumendes Wasser sehen, erkennen Kajakfahrer "Schwierigkeiten im überwiegend oberen Bereich der Schwierigkeitsskala". Das Tal steigt nur flach an. So kommen wir zügig voran. Nach dem Abzweig zum Col d'Izoard wird es steiler und wir kommen gehörig ins schwitzen. Um halb drei erreichen wir der Ort la Chalp. Es nieselt für ein paar Minuten, der Himmel sieht aber freundlich aus. In der Nähe gibt es einen Campingplatz. Am Col d'Izoard besteht die Möglichkeit im Refugé Napoleon zu übernachten. Wir essen ein Eis und beschließen heute auch noch den Col d'Izoard zu bezwingen.

Die Steigung hat es über weite Strecken in sich. Schon nach kurzer Zeit legen wir eine Pause ein, um uns mit Keksen und Bananen zu stärken. Die Straße führt in vielen Haarnadelkurven durch einen Kiefernwald. Es sind mal wieder viele Rennradfahrer unterwegs. Als wir die Casse Déserte, rund 2,5 Kilometer unterhalb des Passes, erreichen, beginnt es abermals zu regnen. Diesmal ist es leider nicht nur ein kurzer Schauer, sondern ein recht heftiges Gewitter. Wir stellen uns im Wald unter. Die Nadelbäume bieten zumindest ein wenig Schutz, zumal es zwischenzeitlich auch hagelt. Die spektakuläre Casse Déserte, "zerhackte Wüste", ist eine trockene Verwitterungslandschaft mit Schutthalden und Felsnadeln. Nachdem das Gewitter weitgehend durchgezogen ist, setzen wir unsere Fahrt fort. Die Beine sind kalt und nehmen nur widerwillig die Arbeit wieder auf.

Der Col d'Izoard ist 2360m hoch und geprägt von Schutthalden und Felsnadeln. Es zeichnet sich ab, dass es bald wieder regnen wird. Zum Glück sind es nur noch ein paar hundert Meter zum 2303m hoch gelegenen Refugé Napoleon. Das Refugé hat Mehrbettzimmer mit insgesamt 20 Betten. Duschen und WC sind auf dem Flur. Für 60? bekommen wir ein Zimmer für uns. Wir strecken die müden Glieder aus und kochen ein reichhaltiges Abendbrot. Aus dem Fenster können wir den Col d'Izoard sehen - das hat man auch nicht alle Tage. Wie erwartet zieht bald ein ausgiebiges Gewitter über uns weg. Der Regen prasselt laut auf das Blechdach.

Anstieg zum Col de Vars.  Von Saint-Paul-sur-Ubaye sind es 9 Kilometer bis zum Col de Vars.
Anstieg zum Col de Vars.  Der Col de Vars ist ein sehr grüner Pass.
Anstieg zum Col de Vars.  Anstieg zum Col de Vars.
Anstieg zum Col de Vars.  Anstieg zum Col de Vars.
Anstieg zum Col de Vars.  Auch am Col de Vars stehen Kilometersteine mit Höhenangaben.
Col de Vars  Col de Vars 2109 m.
Am Col de Vars.  Der Col de Vars fordert auf den letzten Kilometern durchaus Einsatz.
Abfahrt vom Col de Vars.  Abfahrt vom Col de Vars.
Combe du Queyras  Combe du Queyras.
Combe du Queyras  Combe du Queyras.
Combe du Queyras  Combe du Queyras.
Casse Déserte.  Casse Déserte.
Casse Déserte.  Nachdem einem kräftigen Gewitter.
Col d'Izoard.  Col d'Izoard: 2360 m
Col d'Izoard.  Blick vom Col d'Izoard

Col d'Izoard - Valloire , 76 km, 1550 Hm

Der Col du Galibier.

Die Abfahrt vom Col d'Izoard macht Laune. Obwohl es noch früh am Tag ist, kommen uns schon viele Rennradfahrer entgegen.

Briançon ist ein Verkehrsknoten und entsprechend belebt. Wir rauschen ohne große Umschweife durch bis zum großen Supermarkt am Nordende der Kleinstadt. Deren geschichtsträchtige Oberstadt beherbergt Teile des UNESCO-Weltkulturerbes Festungsanlagen von Vauban. Über Pramorel schleichen wir uns aus Briançon heraus. Die Strecke führt sehr ruhig durch die bewaldeten Ausläufer der Serre Chevalier. Die Sache hat aber einen Haken. Kurz nachdem wir den Campingplatz Camping Camp de Blanc passiert haben, geht es mörderisch steil bergauf und anschließend genauso steil auf Schotter bergab.

In Saint-Chaffrey biegen wir auf die D1091 Richtung Col du Lautaret ein. Diese Straße durch das Guisane-Tal ist eine Hauptverbindungsstrecke zwischen Frankreich und Italien. Mehrere zuverlässige Quellen haben auf das hohe Verkehrsaufkommen hingewiesen. Heute ist ein Donnerstag in der Vorsaison. Es ist schon einiges los, wir empfinden den Verkehr aber nicht als unangenehm. Im unteren Abschnitt steigt die Straße flach an. In kurzem Abstand passieren wir Ortschaften. Im Südwesten liegen die Station de Serre Chevalier, ein beliebtes Skigebiet mit bis zu 2800m hohen Gipfeln. Im Nordosten ragen ähnlich hohe Berge in den Himmel. Es ist also für ausreichend Ablenkung vom Verkehr gesorgt. Es ist warm und wir kommen gut voran. Hinter Le Monetier-les-Bains lässt der Verkehr nach und die Landschaft wird noch schöner. Dann nimmt auch die Steigung zu. Das Tal ist recht geradlinig, so sehen wir den Tunnel vor dem Col du Lautaret aus vielen Kilometern Entfernung. Was durchaus ein wenig gemein ist, da es bergauf eine gefühlte Ewigkeit dauert, bis wir den Tunnel erreichen.

Am 2060m hohen Col du Lautaret gibt es allerlei Services für hungrige Radfahrer, die sich hier in reicher Zahl versammelt haben. Der Pass ist der höchste Punkt der D1091. Im Süden wird der Col du Lautaret von den bis zu 4102m hohen Gipfeln des Massif des Ecris überragt, im Norden führt die D902 zum 2645m hohen Col du Galibier. Daher fühlen wir uns nicht wie auf einem Pass. Dazu tragen auch die 30°C Wärme bei. Wir stärken uns, bevor wir den 8 Kilometer langen, kurvenreichen Anstieg zum Col du Galibier unter die Räder nehmen. Auch dieser ist vergleichsweise einfach zu fahren. Die Ausblicke auf das Massif des Ecris und ins Guisane-Tal sind sehr imposant. Die Vegetation ist eher spärlich. Der letzte Kilometer ist dann doch knackig. Wie am Mont Ventoux wartet ein professioneller Fotograf auf Radfahrer. Am Pass ist die Rennradfahrerdichte mal wieder sehr hoch. Zu Fuß geht es auf den 2677m hohen Aussichtspunkt. Von dort haben wir eine grandiose Rundumsicht auf eine eindrucksvolle Hochgebirgslandschaft.

Es folgt eine 17 Kilometer lange Abfahrt. Wegen der außergewöhnlichen Schönheit der Landschaft "müssen" wir die rauschende Fahrt für einige Fotostopps unterbrechen.

Unser Tagesziel ist der 1400m hoch gelegene Touristenort Valloire im Tal der Valloirette. Der Name leitet sich von Vallée d'Or (Tal des Goldes) ab und hat seinen Ursprung im 11. Jahrhundert. Der Campingplatz ist sauber und ordentlich. Wir suchen uns ein ruhiges Plätzchen - weit weg von der recht lauten Valloirette.

Abfahrt vom Col d’Izoard  Abfahrt vom Col d’Izoard: Blick vom Refugé Napolèon.
Die Abfahrt ist eine der Schönsten.  Die Abfahrt ist eine der Schönsten.
Abfahrt vom Col d’Izoard.  Abfahrt vom Col d’Izoard.
Abfahrt vom Col d’Izoard.  Abfahrt vom Col d’Izoard.
Guisane-Tal  Guisane-Tal.
Serre Chevalier  Serre Chevalier.
Col du Lautaret.  Col du Lautaret: 2058 m.
Anstieg zum Col du Galibier.  Anstieg zum Col du Galibier.
Anstieg zum Col du Galibier.  Anstieg zum Col du Galibier.
Anstieg zum Col du Galibier  Der Südanstieg des Galibier ist eher leicht.
Col du Galibier.  Col du Galibier: 2645 m.
Abfahrt vom Col du Galibier.  Abfahrt vom Col du Galibier.
Abfahrt vom Col du Galibier.  Hier liegt noch "etwas" Schnee.
Abfahrt vom Col du Galibier.  Die Namen der Tour-de-France Helden schmücken die Straße.
Abfahrt vom Col du Galibier.  Abfahrt vom Col du Galibier.
Abfahrt vom Col du Galibier.  Abfahrt vom Col du Galibier.