Albanien per Rad - Tagebuch einer Radreise

© Christian Hartmann, Jörg Feye mail_outline 

Komani - Fierza-Stausee, 46 km, 1225 hm

Mit der Fähre über den Koman-Stausee

Einen Wecker brauchen wir nicht. Diese Aufgabe wird von Kindern und Hunden übernommen. Der Weg zum Anleger ist kurz. Das Restaurant dort ruft Schwarzmarktpreise für den Kaffee auf. Da der Platz zwischen Tunnelausgang und Auffahrt auf die zwei Fähren sehr beengt ist, ist das Rangieren der Pkw und Kleinbusse eine Attraktion für sich. Die zweieinhalbstündige Fahrt auf dem Koman-Stausee durch die engen Gebirgsschluchten ist ein landschaftlicher Höhepunkt. Leider verderben abermals Wolken so manch schönes Foto. Der kleine Ort am Ende des Sees hat einen Laden, zwei Cafés und etwas versteckt ein Restaurant. Entlang des Fierza-Stausees1) geht es Richtung Süden, wobei die Straße stetig ansteigt und sich am Ende 600 m über dem See durch die Bergwelt schlängelt. Nur sehr vereinzelt liegen einzelne Häuser in der Landschaft verstreut. Der Verkehr auf der engen Straße ist verschwindend gering. Am Wegesrand wachsen Beeren von denen wir auch mal kosten. Mehrfach sehen wir Bienenkästen. Eine tolle Strecke. Das Hotel Alpin ist die einzige Übernachtungsmöglichkeit in dieser Region. Abends wir es erstaunlich frisch. In der Nacht regnet und gewittert es wieder heftig.

1: Der Drin wird auf seinem Weg vom Ohridsee zur Adria in den drei Seen Fierza, Koman und Vau-Deja aufgestaut.

Fahrt auf dem Koman-Stausee.  Fahrt auf dem Koman-Stausee.
Der Koman ist einer von drei Stausee entlang des Drin.  Der Koman ist einer von drei Stausee entlang des Drin.
Der Koman-Stausee ist ein landschaftlicher Höhepunkt.  Der Koman-Stausee ist ein landschaftlicher Höhepunkt.
Fahrt auf dem Koman-Stausee.  Fahrt auf dem Koman-Stausee.
Fähre auf dem Koman-Stausee.  Fähre auf dem Koman-Stausee.
Boot auf dem Koman-Stausee.  Boot auf dem Koman-Stausee.
Koman-Stausee  Koman-Stausee
Blick auf den Fierza-Stausee.  Blick auf den Fierza-Stausee.
Blick auf den Fierza-Stausee.  Blick auf den Fierza-Stausee.

Fierza-Stausee - Fushë-Arrez, 38 km, 510 hm

Die Sonne scheint in Strömen

So eine Grütze 😠. Kaum sitzen wir auf den Rädern fängt es erst an zu regnen, dann an zu schütten. Wir können nur erahnen, wie schön die Berge und Schluchten sind durch die wir fahren. Reicht die Sichtweite doch gerade um zu erkennen das Kiefern eine besonders häufige Art in diesen Wäldern sind. In der schlimmsten Phase steht das Wasser einen halben Zentimeter auf der Straße. Schlamm und vereinzelte Steine inklusive. In Fushë-Arrez wärmen wir uns in einem Restaurant auf. Die kurze Strecke hat gereicht uns völlig durchzuweichen. Kalt ist es obendrein. Die Speisekarte ist wie immer sehr übersichtlich. Selbstgemachte Fritten, ein gemischter Salat und etwas Brot gehören zum Standardumfang. Obwohl der Regen langsam nachlässt beenden wir die Tour etwa 5 km später an einem Hotel. In einem Schuppen können wir unsere nassen Sachen zum trocknen aufhängen und uns bei einer heißen Dusche wärmen. Die Nichtraucherzeichen im angeschlossenen Restaurant dienen offensichtlich nur der Dekoration.

Fushë-Arrez - Burrel, 96 km, 1500 hm

Auf kleinen Straßen durch schöne Täler

Der Regen hat sich verzogen und die Temperaturen haben sich auf einem angenehmen Niveau eingependelt. Die kleine Straße schlängelt sich durch eine grüne Bergwelt. Neben Kiefern und Eichen fallen uns auch Trauben und Feigenbäume auf. Die Orte liegen weit auseinander. Der Platz für Felder oder Weiden ist sehr begrenzt. Doch selbst im kleinsten Ort bekommt man einen guten Kaffee, genauer, wie bei den italienischen Nachbarn, einen Espresso und ein Glas Wasser. Auf den kurvigen Bergstraßen fahren die Autos sehr langsam, was auch Sinn macht, da wirklich hinter jeder Kurve ein Schlagloch, ein Steinschlag oder ein Tier auf der Straße sein kann. Lange Zeit sind wir von der Qualität der Straße angenehm überrascht. Die Nebenstraße oberhalb der Autobahn ist dann bei weitem nicht mehr so gut in Schuss. Dafür sind wir dort nahezu allein. Die Kleinstadt Rrëshen bietet eine größere Anzahl von Geschäften. Welches der zahlreichen Cafés auch Speisen anbietet ist nicht immer sofort ersichtlich. Die Selbstversorgung gestaltet sich schwierig, da Grundnahrungsmittel wie Brot und Tomatensoße nur schwer zu bekommen sind. Auf der anderen Seite kostet ein Teller Pasta nicht mal 1,50 Euro.

Nun ändert sich die Landschaft. Wir radeln durch ein breites Tal, dass auf beiden Seiten von hohen Bergen eingerahmt wird, deren höchsten Gipfel über 2000 m hoch sind. Es wird Feldbau und Viehzucht betrieben. Die Parzellen sind erstaunlich klein. Neben kleinen Dörfern liegen einzelne Häuser verstreut in der Landschaft. Auf den Wiesen stehen Heureiter. Kühe streifen einzeln oder in kleinen Gruppen umher. Zwischen den kleinen einfachen Häusern fallen einzelne große Anwesen auf, deren Eigentümer offensichtlich über mehr Kleingeld verfügen. Die zahlreichen Straßenhunde sind überhaupt nicht aggressiv. Die meisten liegen im Schatten neben der Straße und bellen uns noch nicht einmal an. Das Familienhotel in Burrel besticht durch seine Aussicht vom Balkon und Gastgeber, die sehr gutes Englisch sprechen.

Läden in Rrëshen.  Läden in Rrëshen.
Auf dem Weg von Rrëshen nach Burrel.  Auf dem Weg von Rrëshen nach Burrel.
Auf dem Weg von Rrëshen nach Burrel.  Auf dem Weg von Rrëshen nach Burrel.
Auf dem Weg von Rrëshen nach Burrel.  Auf dem Weg von Rrëshen nach Burrel.
Auf dem Weg von Rrëshen nach Burrel. Auf dem Weg von Rrëshen nach Burrel.

Burrel - Kruja, 49 km, 1300 hm

Wo Nebenstraße draufsteht ist auch Nebenstraße drin

Wir verlassen Burrel durch das Industriegebiet, das von einem Kieswerk dominiert wird. Kurz hinter diesem ist die Straße nur noch geschottert. Anfänglich ist die Piste gut zu fahren. Im oberen Abschnitt besteht der Belag aber wieder aus sehr groben Steinen, sodass wir weniger fahren sondern eher von Stein zu Stein hoppeln. Die letzten Kilometer schieben wir mehr als das wir fahren. War der Aufstieg eher mit Büschen und Gräsern bewachsen so dominiert in der asphaltierten Abfahrt wieder Wald. Die Abfüllanlage eines bekannten Mineralwassers stört in dieser schönen Bergwelt. In den schmalen Tälern bestellen Bauern kleinen Parzellen. Kurz vor Kruja reicht der Blick bis an die Adria. Die Burg von Kruja hielt unter dem Nationalhelden Skanderbeg1) über Jahrzehnte den Angriffen und Belagerungen der Osmanen stand. Sie ist für die Albaner das Nationalheiligtum. Den Weg zur Burg säumen Restaurants und Souvenirhändler. Die Burg selber ist von überschaubarer Schönheit. Unter uns leuchtet des Nachts das Lichtermeer von Tirana.

1: Georg Kastriota 1405 - 1468 genannt Skanderbeg

Morgennebel in Burrel.  Morgennebel in Burrel.
Anstieg zum 1.232 m hohen Qafa e Shtamës.  Anstieg zum 1.232 m hohen Qafa e Shtamës.
Bergwelt westlich des Passes.  Bergwelt westlich des Passes.
Die asphaltierte Abfahrt ist toll.  Die asphaltierte Abfahrt ist toll.
Vom Qafa e Shtamës nach Kruja.  Vom Qafa e Shtamës nach Kruja.
Der Uhrturm der Burg von Kruja.  Der Uhrturm der Burg von Kruja.
Handwerkermarkt in Kruja.  Handwerkermarkt in Kruja.
Blick auf die Burg von Kruja.  Blick auf die Burg von Kruja.
Blick auf die Burg von Kruja. Blick auf die Burg von Kruja.

Kruja - Peqin, 108 km, 1045 hm

Es gibt Brot, Baby

Das Hotel war erschreckend laut. In der Nacht ist noch lange laute Musik zu hören. Morgens dringen Duschen und Rollkoffer der anderen Gäste gefühlt ungefiltert ins Zimmer durch. Nach 2 Stunden sind wir in Tirana. Dort kaufen wir eine neue Fahrradflasche, eine hatte sich auf der ruppigen Bergstrecke nach Shkodra verabschiedet. Wir verlassen die Hauptstadt durch den "Großen Park", augenscheinlich wohlhabende Wohngebiete und solche, die es noch werden sollen. Durch ein ruhiges, landwirtschaftlich genutztes Tal geht es nach Süden. Auf den Feldern ist der Mais in Garben aufgestellt. Wir sehen viele Puten und Esel. Wie so häufig liegen zwischen den Orten Gebäude in der Landschaft verstreut. Irgendwann geht der Asphalt in Schotter über, was uns etwas überrascht, da weiterhin alle paar Kilometer Häuser die Straße säumen. Peu à Peu werden die landwirtschaftlichen Flächen durch Wald und Buschland abgelöst. Wie auf jeder Schotterstrecke bisher enthält auch diese Passagen, die wir nur schiebend bewältigen können. Auf der Abfahrt stürzt Jörg bei langsamer Fahrt. Außer einer Schürfwunde am Arm passiert zum Glück nichts. Die Hauptstraße im Shkumbin-Tal ist erschreckend laut. So nutzen wir die erste Gelegenheit auf eine Nebenstrecke auf der linken Flussseite zu wechseln. Hier herrscht wieder Landwirtschaft vor. Zu unserer Überraschung beschert uns die Strecke auch zahlreiche kurze aber knackige Anstiege. Zum Übernachten wechseln wir wieder auf die rechte Flussseite wo der einzig größere Ort dieses Abschnitts liegt. Es gibt mehrere Bäckereien und auch die Supermärkte haben Brot im Angebot.

Anmerkung: Anders als im Norden des Landes ist in Südalbanien die Versorgung mit Backwaren kein Problem.

Mal wieder eine Nebenstrecke  Mal wieder eine Nebenstrecke
Unterwegs auf Schotter. Unterwegs auf Schotter.

Peqin - Divjaka, 52 km, 155 hm

Ein Herz für Vögel

Durch eine landwirtschaftlich geprägte Gegend fahren wir zur Küste. Es wird viel Obst angebaut, unter anderem Pfirsiche und Melonen. Zwischen den Plantagen stehen die Lagerhäuser der Obstgroßhändler. Um die Karavasta-Lagune prägen Kiefern und Pinien das Bild. Anders als in den Bergen wo die Bäume häufig nur geringe Höhen erreichen werden sie hier 30 m hoch. Durch den starken Wind lädt der an sich schöne Strand heute nicht zum Sonnenbaden ein. Das Meer ist bestimmt 26 °C warm. Die Lagune ist ein bedeutendes Brutgebiet für Krauskopfpelikane. Wir bekommen aber nur drei Tiere zu Gesicht, die am Besucherzentrum leben. Auf sandigen Wegen erkunden wir den südlichen Teil der Lagune. Der flache See ist Teil des Nationalparks Divjaka-Karavasta und ist ein ein Feuchtgebiet von internationaler Bedeutung (Ramsar-Gebiet). Daher wird der Zugang zum See an den meisten Stellen durch Zäune unterbunden.

Ein generelles Problem stellt der Umgang mit Müll dar. Neben kleinen Abfallmengen am Straßenrand gibt es immer wieder wilde Müllkippen, von denen so manche offensichtlich auch regelmäßig angezündet wird. Das sieht nicht nur unschön aus, es riecht auch unangenehm. Die Dichte an kleinen Märkten und Cafés ist für den Reisenden angenehm. Nicht selten liegen zwischen zwei Cafés keine 50 Meter. Neben Kaffee werden dort auch Bier und Schnaps konsumiert, es wird laufstark Karten gespielt oder konzentriert Schach. Alles bisweilen auch schon früh am Morgen.

Im Nationalpark Divjaka-Karavasta.  Im Nationalpark Divjaka-Karavasta.
Die Lagune von Karavasta ist ein Vogelschutzgebiet.  Die Lagune von Karavasta ist ein Vogelschutzgebiet.
Nationalpark Divjaka-Karavasta.  Nationalpark Divjaka-Karavasta.
Fisch-Reuse an der Lagune von Karavasta. Fisch-Reuse an der Lagune von Karavasta.

Divjaka - Vlora, 99 km, 450 hm

Strandurlaub

Bis Fier beherrschen landwirtschaftliche Nutzflächen das Bild. Die Strecke durch das ehemalige Sumpfgebiet ist topfeben. Uns fallen viele Motorroller und einheimische Radfahrer auf. Zwischen den Autobahnauffahrten vor und nach Fier nimmt der Verkehr sprunghaft zu. Durch die Stadt schiebt sich der Verkehr auf vierspurigen Straßen. In der Stadt reihen sich zwar die Cafés aneinander. Da Keines auch Speisen anbietet, machen wir unsere Mittagspause an einer Bäckerei. Die Straße zwischen der Autobahnauffahrt hinter Fier und Vlora bekommt offensichtlich nicht mehr viel Aufmerksamkeit. Sie ist eine regelrechte Schlaglochpiste. Einige Kilometer vor Vlora passieren wir ein Werk, wo durch Verdunstung von Meerwasser Salz gewonnen wird. Dann wird die Landschaft attraktiver und mediterraner mit Olivenbäumen und Pappeln. Vlora selbst ist wieder keine Augenweide. Entlang der Strände reihen sich mehrstöckige Hotels aneinander. Dem Verkehr können wir teilweise auf dem Strandboulevard entgehen. Auch südlich von Vlora säumen Hotels links und rechts die Straße. Vom Rad aus sieht man nichts von der Adria. Ganz anders in unserem Hotel. Von unserem Balkon keine 20 m vom Strand weg schauen wir direkt auf das Mittelmeer. Den Rest des Tages verbringen wir am Strand. Das hineinkommen ins Wasser ist ein wenig kniffelig, da der anfänglich feine Kies bald zu großen Steinen wird. Etwas enttäuschend ist die Abendessen-Situation. In unserm Hotel sind die meisten Gerichte auf der Karte nicht mehr verfügbar. Statt des guten albanischen Bieres wollen sie uns Heineken andrehen. Der Nachbar hat zumindest mal Pizza, aber auch hier gibt’s nur das holländische Gebräu. Das verstehe wer will. Obendrein zahlen wir fürs Essen fast doppelt so viel wie gestern Abend.

Blick von unserem Balkon  Blick von unserem Balkon
Am Strand von Vlora.  Am Strand von Vlora.
Am Strand von Vlora.  Am Strand von Vlora.
Sonnuntergang in Vlora. Sonnuntergang in Vlora.